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«Wandzeitung» vom 12.1.2015:

Feiern wir 2015 den Frieden:

Daumen drücken!

Über 50 Millionen Menschen sind auf der Flucht – so viele, wie seit dem 2. Weltkrieg nie mehr. Im Libanon leben anteilsmässig so viele Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak, wie wenn die Schweiz auf einen Schlag zwei Millionen Menschen ein neues Zuhause geben würde. In Westafrika kämpfen Tausende um ihr Leben und gegen die brutale Krankheit Ebola. Im Westkongo reiht sich Massaker an Massaker, Massenvergewaltigung an Massenvergewaltigung. Im Sudan und in weiten Teilen der ostafrikanischen Subsahara verbreiten Terrorgruppen Angst und Schrecken. Die Liste müsste weitergeführt werden: der Drogenkrieg in Mexiko, das zerrüttete Afghanistan, der Ukraine-Krieg, Flüchtlingsdramen im Mittelmeer usw. Das Jahr 2014 war für viele Menschen ein schreckliches Jahr. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt gehen jeden Abend traurig, verzweifelt, verängstigt schlafen. Sie wissen nicht, was der neue Tag an Gewalt und Schmerz bringen wird. Ein warmes Bett zu haben, glücklich einzuschlafen und wohlbehütet aufzuwachen ist ein Privileg, das nur ganz wenige Menschen besitzen. Es ist das Privileg jener Menschen, die an Orten leben dürfen, wo Frieden herrscht, Wohlstand den Menschen existenzielle Sicherheit bietet und Rechtssicherheit vor Willkür schützt.

Auch bei uns leben Menschen in Angst, müssen grausame Schicksalsschläge aushalten, sind von traumatischen Erlebnissen gezeichnet und werden schlicht durch eine schwere Krankheit geprüft. Doch die meisten von uns gehören zu den privilegierten Menschen. Die meisten von uns haben keinen Grund zu klagen. Und deshalb – ich gebe das hier gerne zu – finde ich das politische Gejammer in unserem Land manchmal schlicht und einfach peinlich. Weder die steigenden Asylzahlen, noch die Sozialhilfekosten, noch ein paar kriminelle Jugendliche, noch der eine oder andere überquellende Abfallkübel, noch ein fehlender Parkplatz oder ein verspäteter Zug sind es angesichts der wahren Probleme auf dieser Welt wirklich der Wert, dass wir uns darüber ernsthaft den Kopf zerbrechen. Es sind alles schlicht und einfach Luxusprobleme, Probleme, die nur dort zu Problemen werden, wo Luxus herrscht.

Der grösste Luxus, den wir geniessen, ist der Frieden. Dieser scheint uns so selbstverständlich, dass viele Menschen 2015 Schlachten – Morgarten und Marignano – feiern wollen! Und darob das wichtigste Jubiläum vergessen: Am 8. Mai 1945 ging der 2. Weltkrieg und damit eine 30-jährige Schreckensperiode zu Ende. Am 8. Mai 2015 dürfen wir 70 Jahre Frieden in Europa feiern, die längste Friedensperiode unseres Kontinents. Eine Friedensperiode, die in einer faszinierenden Wechselwirkung Errungenschaften wie UNO, Menschenrechtskonvention, Europarat, EU und weitere möglich machte und gleichzeitig dank dieser Institutionen überhaupt erst möglich war. Feiern wir 2015 den Frieden und drücken wir dem neuen Jahr die Daumen, auf dass es ein friedlicheres werde.


Jacqueline Fehr,
12.1.2015, 114. Jahrgang, Nr. 12.

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