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«Wandzeitung» vom 3.12.2014:

Werden wir beschissen?

Beschissen wird überall, immer mehr.

Fleisch, Wein, Delikatessen: nichts mehr ist sicher. In regelmässigen Abständen wird uns immer wieder etwas vergällt: mal ist es das Schweinefleisch, mal das Poulet, mal der Käse mit den Listerien. Das wechselt je nach Jahreszeit und Virenangebot. Aber in den letzten Tagen ist es wieder einmal sehr einfach und attraktiv geworden, Vegetarier zu werden. Diesmal nicht wegen einer bestimmten Tierart, sondern wegen einer bestimmten Firma.

Carna Grischa war in den Schlagzeilen: falsche Etikettierung, falsche Deklaration, falsche Herkunft etc. etc. Natürlich wollte sich der Verwaltungsratspräsident unverzüglich rausschnorren. Der wohlbeschnauzte Ettore Weilenmann sprach von kleinen Missgeschicken, die lediglich 2% der Lieferungen beträfen, und das liege sehr weit zurück. 98% der Fleischwaren seien durchaus korrekt bezeichnet worden. Wenn dann allerdings Polizei und andere Beamte in Landquart auffahren, liegt der Verdacht nahe, dass Herr Weilenmann die Zahlen verwechselt hat. Ich nehme mal an, dass in 98% der Fälle falsch geliefert wurde, und dies nicht vor Jahren, sondern gerade jetzt. Zum Glück haben viele Restaurants unverzüglich reagiert und die Lieferungen der Carna Grischa gestoppt. Allein der ZFV, der 153 Kantinen führt und auf alle Carna Grischa-Fleische verzichtet, wird dem Unternehmen weh tun. Auch die Kantonspolizei, diverse Banker und andere möchten Schweizer Poulet essen und nicht wie geliefert ungarisches. Wobei vielleicht der Geschmack nicht den grossen Unterschied macht, wohl aber der Preis. Die Sache mit dem Hirschgeschnetzelten, dem aufgetauten Gefrierfleisch, das als frisch verkauft wird etc. wärme ich nicht nochmals auf, das haben Sie ja schon anderswo gelesen. Interessant scheint mir, dass die unglaublich tiefen Preise nur von den Konkurrenten bemerkt worden sind, nicht aber von den Restaurants – die müssten doch eigentlich den Braten schon vorher gerochen haben.

Kleine Schummeleien oder Betrügereien, die unabsichtlich vorkommen, finden wir bei Grossverteilern wie COOP und SPAR auch. Oder hätten Sie vermutet, dass auf einer teuren Pastete, die gross mit KALB angeschrieben ist, nur 13% Kalb drin ist? Der Rest ist Schwein, Trute und viele Ergänzungsmittel. Oder die Morchelterrine: auf 117 Gramm sind gerade mal 3 Gramm Morchel drin, so dass man vermuten müsste, das seien die teuren Trüffel ...

Bei den Ergänzungsmitteln fiel mir eine Formulierung ein, die ich vor kurzem gelesen habe: Wenn ein Drittklässler das Wort nicht unfallfrei lesen kann, sollst du die Finger von diesem Produkt lassen.

Weine: überall Aktionen. Gehst du bei Spar oder Coop mit der Flasche an die Kasse, wird manchmal munter der volle Preis gescannt. Auf meine Reklamation hin – ich habe, das ist selten bei mir, den Kassenzettel – wurde der Chef bemüht, der dann kurz die Differenz zurückgegeben hat. Im Kassencomputer blieb die Aktion dann wahrscheinlich weiterhin ignoriert.

Was habe ich aus diesen Vorkommnissen gelernt? Trau schau wem. Iss weniger Fleisch. Schau den Produktbeschrieb an. Kontrolliere den Kassenzettel. Ja, dann schöne Weihnacht mit polnischer Ente und Pferd statt Rind ...


André Bernhard,
3.12.2014, 113. Jahrgang, Nr. 181.

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