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«Wandzeitung» vom 14.12.2014:

Wir müssen auch in unserer Stadt mehr Kontroversen wagen:

Coucou – ein Weckruf.

Vor einer Woche feierte das Winterthurer Kulturmagazin «Coucou» in der Spenglerei seinen zweiten Geburtstag. Dabei wurde ich angefragt, ob ein paar Worte sagen könne, warum es «Coucou» braucht. Aber gerne. Es ging mir vor gut zwei Jahren, als ich erstmals vom Projekt eines Kulturmagazins für Winterthur hörte, ganz ähnlich wie Anfang Jahr, als ich vom der «Wandzeitung» erfuhr. Ein Druckerzeugnis in einer immer schneller sich drehenden Welt? In einer Zeit, wo Liveticker den Takt angeben? Politische Botschaften 15 Sekunden dauern? Und auch in der Winterthurer Medienwelt eine «Verstadisierung» droht? Unzeitgemäss und quer in der Landschaft. Wobei: Wer in einer verkehrten Medienwelt aufrecht schreibt, der liegt nun einmal quer. Von daher: Es braucht genau in dieser Zeit ein Magazin, welches die lokale Kultur präsentiert und begleitet, Institutionen und Projekte vorstellt und die Menschen und Gesichter zeigt, die dahinter stehen. Vom Direktor des Sommertheaters bis zu den Helfern der Musikfestwoche. Ein Magazin mit Tipps zu Kulturveranstaltungen sowie zu Wein, Musik und Literatur aus nah und fern. Und ein Magazin, das Kolumnengefässe für Sprachvirtuosinnen bereitstellt, aber auch für pointierte Meinungen: Der FCW-Geschäftsführer kommt genauso zu Wort wie der Stadtpräsident – oder zumindest sein Double.

Dazu öffnet «Coucou» den Horizont: Geographisch, indem auch Reportagen über Sotschi, Brasilien oder Tel Aviv zu lesen sind. Aber auch auf der Zeitachse: So war vor einiger Zeit ein spannendes Interview mit Erwin Eugster zu lesen, der im Rahmen der 750-Jahr-Feierlichkeiten die neue Stadtgeschichte herausgegeben hat. Dabei meinte Eugster, eine Konstante unserer Stadt sei, dass immer wieder auf Krisen der Aufschwung und dann wieder schwierige finanzielle Situationen folgten. Solche Erkenntnisse relativieren unser Empfinden und unsere Bedeutung, indem sie uns in einen längeren Zeitrahmen stellen. Das gilt natürlich auch für die Bedeutung aktueller politischer Debatten in unserer Stadt. Wobei das aktuelle Problem in unserer Stadt darin liegt, dass eher zu wenige als zu viele Debatten geführt werden. Und jene die stattfinden, falsch geführt werden: Man zankt sich um Parkplätze und ums Budget, aber, «man redet nicht miteinander, sondern aneinander vorbei», wie «Coucou»-Redaktorin Sandra Biberstein kürzlich in einer Aufarbeitung der Freiraum-Diskussion bemerkte.

Das «Coucou» vernetzt nicht nur Kultur und Subkultur unserer Stadt, es bietet auch eine Plattform, eine Bühne. So entwickelt das «Coucou» ein feines Gespür für die Seele unserer Stadt. Und die Themen, die die Menschen jenseits der Gratisanzeiger-Fotostrecken beschäftigt. So hat «Coucou» das Thema Freiräume früh erkannt und breit thematisiert. Oder die Afro-Pfingsten und Archhöfe kontrovers diskutiert.

Vielleicht ist «Coucou» auch als Weckruf für unsere Stadt zu verstehen. Wie das «Coucou» seit zwei Jahren vorlebt, müssten wir auch in unserer Stadt mehr Kontroversen wagen, die richtigen Debatten ernsthaft führen – miteinander, statt aneinander vorbei.


Nicolas Galladé,
14.12.2014, 113. Jahrgang, Nr. 192.

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