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«Wandzeitung» vom 21.4.2017:

Welt, Kontinente, Länder, Zonen: Unsere politische Welt wird immerzu im Wandel bleiben:

Europa ist längst noch nicht gebaut!

Länder sind konstruktive Kulturzellen. Agile, nicht starre! Der diesbezügliche Weckruf hat unsere Hirne beim Referendum des Vereinigten Königreichs am 23. Juni 2016 überrascht: 51,89 Prozent der Briten stimmten für den Austritt aus der Europäischen Union. Und dieser Brexit hat Europa unordentlich durchgeschüttelt. Mit diesem Austritt bricht etwa ein sattes Fünftel der gesamten EU-Wirtschaftsleistung aus den EU-Budgets weg. England ist freilich ein überaus wichtiges Exportland für den europäischen Zahlmeister Deutschland, eines, das mutig einen eigenen Weg gehen will.

Jetzt bei den Briten zu trötzeln würde Deutschland und damit der EU und deren Euro massiv schaden. Binnenmarkt und Freihandel sowie Grenzschutz sind tragende Säulen und eine gemeinsame Sicherheitspolitik überaus erstrebenswert, doch leider funktioniert derzeit nicht mal der Grenzschutz. Die politische EU steht vor einem Rätsel, wie es weitergehen soll. Höchste Priorität hat wohl die Schliessung bestehender Sicherheitslücken im Innern. Und vielleicht ist sogar ein Werben um unsere in Freiheit lebende Schweiz relevant. Die Menschen im Euroraum sollen sich über ihre Ideen äussern. Denn Griechenland und dessen Flüchtlingskrise haben ans Licht gebracht, wie sehr die europäische Union in nahezu allen Bereichen schwächelt.

Eine EU der Zukunft muss zu einer sehr viel kreativeren und lockereren Vereinigung ohne autokratische Tendenzen zurückfinden. Sie sollte sich primär auf ihre Funktionen als Wirtschafts- und Politgemeinschaft konzentrieren und Euro-Mitgliedern relevant mehr Autonomie zubilligen. Europa ist – freilich – ein Kontinent, ein Erdteil, die sogenannte EU, die europäische Union plus. Ein Zerfall dieses Bündnisses hätte womöglich ähnliche Folgen, wie weiland der Niedergang der UdSSR: Ein Verlust von Einfluss auf der Weltbühne, was ja nicht das grösste Problem ist. Doch militärische Konflikte zwischen den nationalistisch agierenden Nachfolgestaaten ist indes absolut nicht erstrebenswert. Seit dem 1. November 1993 gibt es die EU und damit 24 Jahre ohne Krieg. Zauberhaft!

Der nun folgerichtige Austrittsprozess muss gemäss dem Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union durch die Mitteilung der britischen Regierung an den Europäischen Rat im kommenden Oktober lanciert werden, sodass nach der vertraglich vorgesehenen zweijährigen Verhandlungsperiode mit dem Austritt für März 2019 zu rechnen ist. Im Januar 2017 stellte May in einer Grundsatzrede einen Zwölf-Punkte-Plan vor, der einen harten Brexit vorsieht, der weder eine EU-Teilmitgliedschaft werden darf, noch einem assoziierten Bund angehören will. Grossbritannien soll aus dem europäischen Binnenmarkt, der Zollunion und dem Europäischen Gerichtshof ausscheiden. Und dann?

Das wirklich reife Europa ist freilich noch nicht gebaut, die Welt allemal immer in Bewegung. Doch die Schweiz mit ihrer Kleingliedrigkeit könnte womöglich auch für grössere Länder ein winziges bisschen Vorbild für differenzierte Strukuren sein. Das heisst jetzt aber gar nicht, dass wir die Weisheit hierzulande mit Suppenlöffeln gefressen haben. So viel Souveränität und Leistungswille für alle Euromenschlein wäre doch immerhin eine Option. Oder?


Guido Blumer,
21.4.2017, 116. Jahrgang, Nr. 111.

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