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«Wandzeitung» vom 7.6.2017:

In der Altstadt findet ein kleiner trauriger Untergang statt: Spar weg, Sandro weg, Polizei weg!

Was ist bloss mit dem Obertor los?

Als die Migros – zu der auch die Firma Denner gehört – die Eröffnung ihrer Filiale am Obertor feierte, verstieg sich ein Kadermitglied dieses dominanten Lebensmittel- und Nonfoodriesens stilloserweise dazu, vor dessen Tür – draussen auf der Gasse – strahlend wie deplatziert zu verkünden: «Und den Kleinen da hinten, den machen wir kaputt!» Damit war die Firma Spar gemeint, welche von einem selbständigen wie sympathischen Unternehmer geleitet wird, der vor allem mit Produkten aus der Region nicht nur beeindruckte, sondern voll überzeugte, wie auch mit den in der Schweiz hoch geschätzten Markenartikeln. Fakt ist allerdings auch, dass sich der Unternehmer zunehmend wenig um Kundenwünsche kümmerte, beziehungsweise kein offenes Ohr hatte, wenn ihn konsumierene Anwohnerinnen und die Laufkundschaft um eine grössere Menge einzelner besonders oft erwünschter Produkte baten. Selbst die treusten Kunden standen deshalb mehr und mehr vor leeren Konsumgestellen! Traurig, für die jahrelange treue Kundschaft. Und ein grosser Verlust für die Gasse!

Nicht lustig ist auch die Tatsache, dass der überaus umtriebige wie clevere Textilwarenhändler Sandro Minnecia am Ausverkaufen ist. Seit Menschengedenken, also insgesamt 25 Jahren, gab es ursprünglich über seinen Papa während zehn Jahren ein Riesensortiment von Kleidern und fast allerart gewobene Textilien, die man im Haushalt oder ennet der Wohnung: im Schwimmbad, am Bach oder wo auch immer wieder gerne benutzt. Sandro ist mittlerweile seit 15 Jahren am Wirken. Er ist ein überaus warmherziger Zeitgenosse und eine hoch kompetente Institution in der Gasse. Seine Seele und sein Strahlen wird ab Ende Juni am Obertor fehlen. Nicht bloss ich werde ihn vermissen.

Und ja, für uns Mitbewohnerinnen und Siedler in der Nachbarschaft der Stadtpolizei ist es auch ein erheblicher menschlicher Verlust, dass man sich in einigen Jahren – von Bürgerin zum Anwohner, von Mensch zu Mensch, fürderhin nicht mehr so oft auf der Gasse trifft und in aller Gelassenheit zwei-drei Sätze miteinander plaudert oder sich mitunter auch mal in ein tiefschürfenderes Gespräch vertieft. Die sympathischen Polizistinnen und guten Bullen sind der Anwohnerschaft sehr ans Herz gewachsen. Man kennt und vertraut sich, freut sich allemal über einen kleinen freundschaftlichen Wortwechsel. Und ja, bezüglich des Polizeigebäudes hat das Volk deutlich gesprochen: Das romantische Polizeiareal wird einer anderen Nutzung zugeführt. Im neuen, prozessorientierten Polizeigebäude bei der Feuerwehr wird man sich nicht mehr so oft treffen. Immerhin wird eine geschlagene Frau nie mehr angstvoll durch die gleiche Türe ins Sicherheitshaus eintreten müssen, wie der Brutalo. Kein Unfallverursacher wird mehr mit dem Opfer in Verbindung gebracht. Und eine suizidale Menschenseele wird sofort im empathischen Umfeld fachkundig bertreut.

Und zuletzt noch dies: Es ist wunderschön, dass der Samstagmarkt der Jungen Altstadt – während der sonnenreichen Halbjahreszeit – das Leben im Obertor weiterhin verschönert. Es wird demnach so bleiben, dass sich die Menschen auf dieser sich verändernden Gasse treffen, anstrahlen, grüssen und gegenseitig nur das Beste wünschen.


Guido Blumer,
7.6.2017, 116. Jahrgang, Nr. 158.

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