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«Wandzeitung» vom 7.11.2017:

Essen beschäftigt uns tagtäglich: Und in der Schweiz muss um 12 Uhr was auf dem Teller sein:

Was koche ich denn heute Leckeres?

Helmar Nahr – der die Nahrung quasi im Namen trägt – bezeichnet die Kochkunst neckisch als eine ebenso angenehme wie heimtückische Methode, Muskelfleisch in Bauchspeck zu verwandeln. Hinzu kommt, dass laut Stan Cliffort eine gute Köchin in Amerika eine Frau ist, die sich beim Dosenöffnen nicht verletzt. Spass oder Dumpfes beiseite: In der Schweiz ist das Ritual verbissen, hier ist der Futternapf beziehungsweise der volle Teller präzis Mittags gesetzt: 12 Uhr. Wenn die Kirchenglocke bei Tag ein Dutzend mal schlägt, plagt das kleine Hüngerchen das Herz beziehungsweise unsere helvetischen Mägen. Es explodieren unsere Raubtiergelüste. Will heissen: Essen auf den Tisch oder – wenn’s schief geht – direkt ab dem Küchenboden.

Das Futter beziehungsweise die Köstlichkeiten für Leute von heute muss erst mal angedacht, dann eingekauft, hergerichtet und gekocht werden. Der Phiosoph Ambrose Pierce bezeichnet alles Essbare treffend als wohlschmeckend und bekömmlich – wie der Wurm für die Kröte, die Kröte für die Schlange, die Schlange für das Schwein, das Schwein für den Menschen, und ja, äxgüsi: den Menschen für den Wurm. Nicht nur für mich sind wurmfreie Mahlzeiten viel gluschtiger. Ich bin da etwas eigen oder einfach konservativ. Äxgüsi!

Nach dem Aufstehen, gilt’s erst mal den Wohnungskehr systematisch abzuarbeiten: Dazu gehört die Reinigung der Wohnung, so dass alle Gäste glauben, ich krampfe mich täglich mit dem Sauberkeitsfimmel durch die schönen Räume. «Niet», sage ich mir, ich reinige lediglich fürs Auge. Das heisst, ich putze ab und an die Bodenkanten mit einem feuchten Haushaltpapier, nur grad so, das jegliche Gastperson glaubt, meine Wohnung sei klinisch sauber. Wichtig ist mir nur, dass jeder Gegenstand in unserer Bleibe, als Kunstwerk platziert wird, mit häufigem Umplatzieren. Zudem gehört sich die tägliche Körperpflege, die alleweil sein muss, doch das ist wohl täglich die Tätigkeit zum ausgedehnten Gähnen.

Kochen macht sehr viel mehr Spass! Wolfgang Lehnig hat zwar gesagt, dass Essen sei das Suchtmittel der Braven beziehungsweise die Erotik des Alters. Ich finde futtern Tag für Tag beglückend, überlege mir gerne, was ich Leckeres zubereiten will. Klar ist: Wenn das Töchterchen um 12 Uhr die Wohnungstür öffnet, soll sie etwas auf dem Teller haben, das ihr Gaumenfreude breitet. Am liebsten koche ich Sossen, die auch als Brühe geschätzt werden: Etwa eine Curry-, Tomaten- oder Gemüsebrühe mit Broccoli, auch Lauch und Bohnen beziehungsweise Siedfleischsuppe. Und, und, und gebratener Fisch, Fleisch. Ich schätze Kohlenhydrate wie Pasta, Kartoffeln und Reis, auf Mais kann ich ganz gern verzichten – freilich im zweideutigen Sinn.

Ich koche nie mehr mit Rotwein, weil der jeder Suppe ein unappetitliche Farbe verleiht. Drum ist Weisswein gesetzt: Federweisser von der Weinkellerei zum Stauffacher, er veredelt jede Consommé. Zudem verwende ich grob gemahlenen schwarzen Pfeffer, Paprika, Cayennepfeffer, Schnittlauch, Peterli, Curry, Rindsbouillon und Rahm. Und freilich kommen immer mal wieder neue Leckereien hinzu. Mitunter aber vergesse ich ein Menu, weil ich die Kunst beherrsche, Bewusstes unbewusst zu machen :)


Guido Blumer,
7.11.2017, 116. Jahrgang, Nr. 311.

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