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«Wandzeitung» vom 5.12.2017:

Die Berater. Ein Test.

Wo bleibt denn da der Verstand?

Wir haben viel Verständnis füreinander. Wir benennen "ihn" den gesunden Menschenverstand. Haben Sie je einen Menschen getroffen, der verständlich erklären könnte, was der Verstand ist? Sofort wird von Vernunft geredet. "Sei doch vernünftig!", und schon liegt einem die Angst im Nacken, etwas falsch oder trotzig zu tun. Den Verstand zu erklären, scheint mir eines vom Schwierigsten zu sein. Den Verstand kann man nicht betasten. Er ist nirgends auffindbar. Da kann man suchen wie man will, man findet ihn nur in einem selbst.

Jedes Kind kennt den Verstand. Er beginnt mit dem ersten Schrei der Geburt und er endet mit dem letzten Atemzug. Dann ist der Verstand verloren. Wir können keine Entscheidungen mehr treffen, unser Körper ist nichts als eine leere, energielose Hülle. Darin hat einst der Verstand gesessen. "Mein Verstand hat mich mit dem letzten Atemzug verlassen", kann nur die Seele erzählen, die wahrlich weiter kommuniziert, nur ohne Verstand.

Verstehen wir, was vernünftig ist? In der Vernunft können wir erkennen, ob unsere Entscheidungen, die wir treffen Strategien bilden oder Krisen fabrizieren. Mit der Vernunft bauen wir Kulturen auf und denken, sie seien die wahren. Dabei geht es meistens um richtig oder falsch. Wir denken uns die Vernunft. Würden wir beim Atmen denken, könnten wir erkennen, dass vieles, was wir als das einzige Vernünftige betrachten, in Tat und Wahrheit gar nicht durchführbar ist. Unsere Kommunikation ist der Atem. Wir können mit dem Atem nämlich voraus kommunizieren und unser Bewusstsein erweitern. Wir können erkennen, dass wir allein es sind, die uns beraten, ob wir unsere Argumentationen verstehen.

Der Atem ist unsere Kommunikation, selbst wenn wir eine E-Mail schreiben. Würden wir mehrmals täglich durchatmen, würden wir viel Verständnis für unsere Unvernunft gewinnen. Wir könnten korrigieren, neue Wege suchen, vorausdenken was zu Konflikten führt. Wir könnten listig sein und Prozesse führen, die Menschen berühren statt verletzen. So mancher Entscheid holt uns später negativ ein. Ändern wir etwas an unserem Verständnis? Es bildet sich nur über den Atem. Konkret: Wir bilden uns nur über den Atem! Er erschliesst, was an Entscheidungen und Erkenntnissen relevant sein kann. Würden wir uns die Zeit nehmen und die Karten offen auf den Tisch legen, wären wir in Kürze unsere besten Berater.

In einer Zeit, wo Berater immer mehr zu Lobbyisten werden, lassen wir unseren gesunden Menschenverstand blenden. Wir lassen uns von fremder Vernunft täuschen und bezeichnen sie als das einzig Verständliche. Wir tauschen also, (weil wir Angst vor uns selbst haben?), Vernunft mit Verstand. Aus dieser Verwechslung bildet sich ein Umkehrschluss, der der inneren Logik des gesunden Menschenverstands widerspricht. So einfach ist es, Strategien in den Sand zu setzen, wenn unsere eigene Sprache dem Atem widerspricht, sobald wir rezipieren, was ausserhalb der inneren Logik kommuniziert.

In solchen Situationen haben wir den Verstand buchstäblich zu Lebzeiten verloren, was nicht nur schade, sondern schädlich für uns alle ist. Beraten heisst, den Atem verstehen. Atem ist unsere Kommunikation.

 


Heiner Dübi,
5.12.2017, 116. Jahrgang, Nr. 339.

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