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«Wandzeitung» vom 2.4.2017:

Alltägliches:

Humor ist wenn man trotzdem lacht.

Ich muss mich an der Nase nehmen. Ich lache viel zu wenig, finde die meisten Scherze einfach blöd und nehme den Alltag viel zu ernst. Wenn es hoch kommt, schaffe ich es zu grinsen. Anstatt dass ich über mich selber schmunzle, schüttle ich höchstens den Kopf oder ärgere mich endlos. Dabei weiss ich doch, wie wichtig Humor für die Gesundheit ist. Und Gesundheit ist bei mir Mangelware. Stattdessen lasse ich mich lieber vom Elend der Welt runterziehen und kämpfe gegen Sorgen.

Wie hohl ist das denn? Anstatt dass ich tagtäglich Energie damit verschwende, gelassener zu sein und mich von Schlechtem abzugrenzen, sollte ich einfach die Leichtigkeit der Kinder übernehmen, die ich in der Kita erlebe. Sich an Kleinigkeiten zu erfreuen, immerhin das konnte ich mir bewahren. Allerdings halten diese Sequenzen nicht lange an. Und ich bin bei dem Thema in guter Gesellschaft. Das sieht man auch frühmorgens im Pendlerverkehr. Immerhin kann ich ab und an ein Lächeln auf ein Gesicht zaubern, wenn ich einfach nur einen guten Tag wünsche. Eigentlich braucht es gar nicht so viel.

Die Komik im Alltag sollte uns tragen. Jetzt, da mir bewusst ist, dass mein Kater nicht mehr ewig leben wird, achte ich mich mehr darauf, was er so alles bietet. Ich amüsiere mich, wenn er sich blöd anstellt, beim Finden von Guddies. Oder wenn er seltsam mauzend auf die Kommode springt, weil er die Katze im Fernseher jagen will. Oder er mir die Deko vom Eingang runterwirft, damit er dort sitzen und ins Haus hineinsehen kann. Ich müsste laut lachen, wenn ich mich mit Wörtern vertue, ich zum Beispiel Briefkasten und Kühlschrank verwechsle. Und nicht nur dann, wenn anderen was Peinliches passiert. Verzeihen Sie mir, wenn ich Ihnen trotzdem folgende Geschichte erzähle:

Mein Sohn läuft mit der Zahnseide zwischen den Zähnen herum. Als er niesen muss, ist der Faden verschwunden. Der Gute schreit auf: «Nein, jetzt hab ich die Zahnseide verschluckt!» Das klingt so absurd, dass ich mich vor lauter Lachen nicht mehr einkriege. Ich entschuldige mich bei ihm, aber er nimmt das gelassen. Das komische Gefühl im Magen bereitet ihm mehr Sorgen. Ich rate ihm, viel Wasser zu trinken, damit es ja nicht irgendwo im Innern hängt. Er macht es, hat aber trotzdem Bauchweh. Ich sag ihm: «Iss ein Nature-Joghurt. Damit es etwas schmiert und der Magen ja nicht leer ist.» Er isst es tapfer, findet es eklig, isst es trotzdem leer. Im Spiegel entdeckt er einen weissen Punkt am Nasenloch.

«Ist es die Zahnseide?», fragt er erstaunt. Ich lache wieder los. Es ist ein Poppel. Danach legen wir uns zu viert ins Bett, um einen Film zu gucken. Kater Luna will auch und möchte sich auf den wehen Bauch legen. Mein Sohn wehrt ab: «Nein, ich hab ein komisches Gefühl im Magen.» Wir schauen den Film. «Geht’s dir besser?», frag ich. Mein Sohn nickt. Ich bin beruhigt und überlege, wie das wohl aussehen wird, wenn der Faden hinten wieder rauskommt …

Der Film ist zu Ende, es ist Zeit zum Licht löschen. Mein Schützling geht nochmals auf die Toilette. «Was ist denn das?», ruft er aus. «Ich hab da was an der Socke.» Es ist die Zahnseide.


Momo Appenzeller,
2.4.2017, 116. Jahrgang, Nr. 92.

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