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«Wandzeitung» vom 19.11.2014:

Werk 1 muss im März vors Volk:

Winterthur bodigt Prestigebau im Tössfeld.

Oft ist es töricht und dumm, die Dinge gemäss der Wahrheit darzustellen und nicht eher so, wie es für den Zweck, den man verfolgt, am günstigsten ist. Kaum berichtete der «Landbote» über mehr als 1200 Referendums-Unterschriften, die gegen den Gestaltungsplan von Werk 1 gesammelt worden waren, flatterte der schmuddelig gedruckte Faltprospekt SAM 6, das Sulzer Areal Magazin 2/2014 des Megabaugiganten Implenia, in die Wohnungen der Winterthurer Bürgerinnen und Bürger mit dem Lead: «Das Winterthurer Parlament sagt ja zum Gestaltungsplan Werk 1.» Implenia schrieb: «Nach sechsjähriger Planung verabschiedet der Grosse Gemeinderat mit 56:2 Stimmen die Leitplanken für die Entwicklung des letzten Puzzlestücks auf dem Sulzerareal. Das letzte Wort hat das Volk.» Hätte der Weise geschrieben: Über 1200 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben das Referendum gegen die geplante Überbauung des Sulzerareals ergriffen, deshalb kommt der Beschluss des Grossen Gemeinderats vors Volk, hätten die Leser aufgemerkt und gefragt: Wie, da hat der Grosse Gemeinderat am Volk vorbei politisiert? Was sind denn das für Neuigkeiten?

Mit keinem Wort erwähnt das «führende Bau- und Baudienstleistungsunternehmen der Schweiz», dass sich das «klare Ja des Grossen Gemeinderats zum Gestaltungsplan Werk 1» als Flop erwiesen hat. Vielmehr suggeriert Implenia, wie toll sich die Demokratie erweise, in der das Volk zu diesem unbestrittenen Werk zusammen mit dem Grossen Gemeinderat und widerstandslos auch noch den Segen in die Urne werfen darf. Damit sich Werk 1 in ein attraktives Quartier verwandeln wird? Wow, wie da die Demokratie noch stimmt! In Tat und Wahrheit baut Implenia zusammen mit der Winterthurer Stadtentwicklung ein prestigeträchtiges Hochhaus und Blocks für Wirtschaftsförderer statt für Menschen in Winterthur, die sich in der Überbauung einen Bezug zum Leben in der geschichtsträchtigen Grossstadt wünschen. Die Grenzen der Zumutbarkeit für die architektonischen Machteliten wie Implenia sind nämlich eng gesteckt, und der Wahrheitsanspruch der herrschenden Vorstellungen über den Städtebau in den Prestigeetagen erscheint mir allzu gar zementiert. Wenn im Werk 1 ein wirklich lebendiger Stadtteil entstehen soll, in dem ganz unterschiedliche Menschen wohnen und arbeiten können, dann darf nicht im Rahmen der derzeit schweizweit herrschenden Modelle dicke Luft geklotzt werden.

Was Winterthurerinnen und Winterthurern vorschwebt ist ein Sulzerareal, in dem nicht einsame Kinder aus dem 21. Stockwerk traurig in die Strassenschluchten weinen, nur weil sie kein Seilbähnli zum Nachbar bauen können. Der Katharina-Sulzer-Platz dient bereits heute der Abschreckung. Wir brauchen ein radikales Umdenken. Gemeint ist damit nicht, wie die Gegner des Weisen ihn zum Narren machen wollen, «Nostalgie». Was wir Winterthurer uns wünschen ist ein Quartier, das zur Belebung der ganzen Stadt beiträgt und mit der Alltagserfahrung der Menschen zu tun hat, die auch im ehemaligen Industriegebiet atmen, arbeiten und spielen möchten; kurz: Wir wünschen, dass im Tössfeld ein Quartier entsteht, das mit der Natur und der Stadt verbunden bleibt.


Heiner Dübi,
19.11.2014, 113. Jahrgang, Nr. 167.

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Standpunkte:

22.11.2014, 11:02 Uhr.

Pierre-François Bocion schrieb:

Der letzte Satz deckt sich mit meinem Denken. Die Stadtentwicklung auf dem Sulzer-Areal wurde nur beschränkt für Menschen geplant und ausgeführt. Der grösste Flop hatte der Rot-Grüne Stadtrat in die Wege geleitet: Der Silo für 3000 städtische Beschäftigte. Im Zeitalter des Internets, wo jeder mit jedem verbunden ist. Wer profitiert? Die Vermieterin: AXA Winterthur.


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