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«Wandzeitung» vom 19.6.2017:

Aus die Maus:

Jecklin macht zu!

Die NZZ formuliert es netter: Jecklin zieht um. Wohin denn auch? Ans Limmatquai, zu Musik Hug. Das kann kaum gehen, denn dort ist eh schon alles voll. Wie kommt es, dass ein traditionsreiches Haus schliessen muss? Oder umziehen? Das kam so: Die Häuser an der Rämistrasse 28 und 30 gehören der Familie Jecklin. Dort wurden Schallplatten, CDs, Verstärker, Geigen, Bratschen, Celli, Klaviere, Musiknoten, Musikbücher und Konzerttickets verkauft. Im Untergeschoss war ein kleiner Konzertsaal, den man mieten konnte, wenn man Privatkonzerte veranstalten wollte.

Und dann kamen schwierige Zeiten: Der CD-Markt war nicht mehr rentabel, die Kundschaft wurde zurückhaltend und weniger «käufig». Die Jecklins verkauften zwar nicht die Häuser, sondern bloss die Firma. Eine AG aus der Westschweiz übernahm das Geschäft und musste bald Konkurs anmelden. Erika Hug, die Besitzerin von Musik Hug AG in Zürich, Luzern, Basel, St. Gallen und Lausanne kaufte die Firma und war so klug, Namen und Mitarbeiter beim Alten zu lassen; sie wusste, dass viele Menschen traditionell lieber zu Jecklin als zu Hug einkaufen gingen. So blieb nach aussen alles wie bisher. Einzig der humanistische Touch, den Peter und Hans Jecklin dem Haus gegeben hatten, der fehlte schmerzlich. Die Jecklin waren nicht nur Pioniere, was Musik anbelangt, sie sind Menschen mit hohen ethischen und kulturellen Massstäben, Humanisten eben.

Erika Hug will ich dies nicht absprechen, doch die Geschäftsleitung ist es eben weniger. Es herrschte während der Ära Harke (der Ehemann der Besitzerin) ein rauher Wind im Mutterhaus, den einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlecht ertrugen und das sinkende Schiff rechtzeitig verlassen haben. Es kam vor, dass Mitarbeiter in Anwesenheit von Kunden heruntergeputzt und zurecht gewiesen wurden. Bei Jecklin wäre das undenkbar gewesen.

Auf Grund der wechselnden Einkaufsgewohnheiten über Internet und im nahen Ausland war klar: Hug musste kleiner werden. Einige Einkaufstouristen liessen sich gerne im Fachgeschäft bei Musik Hug beraten, um anschliessend in Lörrach oder in Konstanz einzukaufen.

Also musste Musik Hug straffen: St. Gallen und Basel – an bester Altstadt-Lage – wurden kurzerhand geschlossen, Luzern wurde nach Ebikon verlagert, am Limmatquai in Zürich wurde ebenfalls gestrafft: fertig CD. Und nun soll der ganze Jecklin ins Mutterhaus umziehen? Schön wär’s ...

Was die Zürcher Musikerinnen und Musiker mit Sicherheit verlieren werden sind der Konzertsaal und die Übungsräume. Im Obergeschoss des Jecklin-Hauses waren Zimmer mit Klavieren und Flügeln, in denen man üben und unterrichten konnte. Für wenig Geld hatte man so im Zentrum von Zürich die Möglichkeit, ungestört zu musizieren, zu üben und zu unterrichten. Das wird es bei Musik Hug nicht mehr geben. Über sechzig Musikerinnen und Musiker aus der ganzen Schweiz haben sich zusammengetan, um über die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch und mit den beteiligten Gründerfamilien eine Nachfolgelösung zu finden.

Aus der Traum vom wunderschönen Haus – ehemals mit Kultur und Würde. So vergeht der Ruhm der Welt. Oder wie Hans Jecklin es sagen würde: Sic transit gloria mundi.


André Bernhard,
19.6.2017, 116. Jahrgang, Nr. 170.

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