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«Wandzeitung» vom 19.9.2017:

Lieblingsfarbe, Orange.

SSA bis ZINGI.

Nein, SSA hat nichts mit der SA oder der SS zu tun. Meine erste Begegnung mit einem SSA fand vor vielen Jahren in Oberseen statt. Ein Mann mit nicht ganz weisser Hautfarbe stand auf dem Pausenplatz des Schulhauses herum. Nicht Lehrer, nicht Hauswart. ich hatte ihn nie gesehen. Aber die Jugendlichen schienen ihn zu kennen; einige gingen zu ihm, sprachen mit ihm, unterhielten sich die ganze Pause lang mit diesem Menschen, der eine ziemliche Anziehungskraft für Schülerinnen und Schüler zu haben schien. Aufgeklärt wurde ich im Lehrerzimmer: Das ist unser neuer Schul-Sozial-Arbeiter. Was auch immer das sein mag, wie das funktioniert, das vernehme ich dann auch noch. Der SSA kommt dann zum Zug, wenn der Lehrer nicht mehr weiter weiss. Ok, das ist jetzt ein wenig schwarz-weiss ausgedrückt, und ich mache mir dadurch weder bei den Lehrern noch bei den SSA Freunde. Ich wusste ja damals nicht, warum es das braucht, es ging ja früher auch ohne ganz gut in der Schule. Dieser Neue, mit einem überwältigenden Charisma, war – so vermutete ich – ein Inder. Es hat sich dann herausgestellt, dass er eben doch ein Schweizer ist, allerdings mit indischen Wurzeln, seit 1974 in der Schweiz wohnt und ein schönes Berndeutsch spricht. Und mehr drauf hat, als mit Schülerinnen und Schülern zu sprechen. Meine Erfahrungen mit verschiedenen SSA sind ganz verschieden: nach dem Inder kam ein Bleichgesicht (ich habe dem Vorgänger gesagt: eine Schlaftablette, aber das behalte ich jetzt lieber für mich ...). Ich gebe zu, dass es ganz schwierig ist, Nachfolger einer charismatischen und impulsiven Persönlichkeit zu sein. Man vergleicht ja immer, leider.

Viel später begegnete ich dem damaligen SSA in der Kirche, als Gesamtleiter, als Pfarrer. In der Fabrikkirche. Und gestern habe ich bei ihm Zmittag gegessen: im orangen Haus in Veltheim. Er hat jetzt nämlich auch ein Restaurant. Und wird Nationalrat. Und erfindet ein Getränk. 27 000 Flaschen davon lagern in einer Mosterei im Kanton Bern. Das neue Getränk ist in seinem Restaurant längst erfolgreich, es ist ein Ingwerwasser, gesund und schmackhaft. Damit es auch in Flaschen gesund ist und bleibt, werden dem Wasser zum Versüssen ein Süssstoff und Apfelmost zugesetzt.

Dieser einzigartige Mensch – Sie haben es längst erraten – ist Nik Gugger, eine einfallsreiche und tatkräftige Persönlichkeit und tatsächlich der einzige Nationalrat, der auch eine Beiz hat. Vom Gemeinderat in den Kantonsrat, vom Diakon zum Pfarrer und Gesamtleiter einer erfolgreichen Kirche, Schulgründer in Indien, vom SSA zum NR: Eine derart breitgefächerte Entwicklung ist einmalig und selten. Noch seltner ist es, dass einer dabei Mensch bleibt, nicht grossspuriger Angeber wird (wie wir das ja zur Genüge feststellen können ...), noch Zeit findet für Familie und Gespräche mit Fremden und Meinungen zur Welt hat, die pointiert sind und Profil haben. Und dazu noch so kreativ ist, ein Getränk zu erfinden und es auch auf den Markt zu bringen.

Auf jeden Fall bin ich glücklich, ihn zu kennen. Lieber Nik: Ich wünsche dir, dass du als Nationalrat Dampf in den Rat bringst und die Hinterbänkler und Mutlosen aufweckst. OK?


André Bernhard,
19.9.2017, 116. Jahrgang, Nr. 262.

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