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«Wandzeitung» vom 3.11.2017:

Danke, Konrad!

Pisa?

Pisa: wunderbar. Pisa: grässlich. Ja, als Stadt mit Kultur, als idealer Ferienort, das ist wunderbar. Pisa als Test? Mit einem unerbittlichen Ranking der Schulen und Aktionen: schlimmer als schlimm. Da denke und danke ich eben gerade Konrad. Sie kennen Konrad nicht? Kein Problem, bis vor drei Jahren wusste ich überhaupt nichts über ihn, nicht einmal, was er macht oder was er geschrieben hat. Sein Buch "Geisterstunde, die Praxis der Unbildung" ist mir zufällig in die Hände geraten und hat mich nicht mehr losgelassen. Natürlich hat er noch viel mehr veröffentlicht, aber dieses eine Buch hat mich beeindruckt, sodass ich nun jeweils begierig auf seine neue Kolumne in der NZZ warte.

Es geht um Konrad Paul Liessmann, Jahrgang 1953, Professor an der Universität Wien. Er liest über "Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik". Und im letzten Beitrag in der NZZ informiert er über Bildung und die Abnützung diese Begriffs in Politik und Wissenschaft. Seit einiger Zeit ist "Bildung" in aller Munde. Liessmann findet, dass es kaum einen Begriff gibt, der in unterschiedlichen Zusammensetzungen so universell eingesetzt werden kann. Seine Aufzählung ist interessant und bedeutungsvoll: Bildungseinrichtungen, Bildungschancen, Bildungsgerechtigkeit, Bildungsreformen (Oh, da können wir im Kanton Zürich auch einiges sagen ...), Bildungskatastrophen (mal auch bei uns!), Bildungsexperten (ich kenne da einige Weicheier), Bildungspolitiker (Sorry, Frau Steiner), etc. etc.

Liessmanns Liste ist noch länger. Klar ist, dass der rasche Wandel von Bildungskonzepten und Bildungsutopien längst zu einem Gegenstand des öffentlichen Interesses geworden ist. Auch Eltern und ihre Anwälte sind davon infiziert und drängen mit Forderungen in unsere Schulen, welche von der Lehrerschaft allein nicht bewältigt werden können. Wozu die Umstellung des Unterrichts auf die Kompetenzorientierung führt wie das der Lehrplan 21 vorgibt oder wie Bildungsdefizite von Migranten oder sozial diskriminierten Menschen ausgeglichen werden könnten, das beschäftigt die Menschen in immer höherem Masse.

Liessmann findet, dass eine Besinnung auf die grundlegenden Bedeutung von Bildung und ihrer Ansprüche dringend Not täte.

Der "Spiegel" hat glücklicherweise kürzlich verkündet, "wie Bildung endlich gelingt". Verkürzt gesagt: Digitalisierung, Chancengleichheit, Inklusion, Ganztagsschule, gutes Essen, und Achtung! jetzt kommt´s: "eine Lehrerausbildung, die davon ausgeht, dass angehende Lehrer von dem Fach, das sie unterrichten, nicht unbedingt viel verstehen müssen, Hauptsache, sie sind sozial kompetent." Ok, freundliche Grüsse an unserer PH in Zürich ...

Leider werden im Zuge der Kompetenzorientierung des Pisa-Tests wesentliche Kulturtechniken gekappt, welche lange den Kern allgemeiner Bildung ausmachten: Fremdsprachenkenntnisse, historisches Wissen, literarische und ästhetische Kenntnisse und Fähigkeiten, kulturelles und religiöses Wissen – das alles spielt bei Pisa keine Rolle.

Wie beschränkt muss man selbst schon sein, um den Pisa-Test als Indikator für den Zustand der Bildung zu akzeptieren? Lies Liessmann – dann weisst du´s!


André Bernhard,
3.11.2017, 116. Jahrgang, Nr. 307.

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