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«Wandzeitung» vom 19.11.2017:

Von der Nationalwurst zum Nationalrat:

National.

Mit "National" kann man ganz Verschiedenes assoziieren, als Winterthurer kommt einem vielleicht zuerst einmal das "National" in den Sinn, ein Bindella-Restaurant, in dem es guten Wein, gute Kunst und manchmal gutes Essen gibt. Dann kommen die Kombinationen wie Nationalmannschaft (wie wir kürzlich hörten nicht nur mit Fussbällen, sondern auch mit Tränen). Nationalrat, da gerade den neuen, Nik Gugger zum Beispiel, dann selbstverständlich die Nationalbank mit den vielen Milliarden Gewinn, das Nationalgericht (oh, da komme ich ins Schleudern – ist das Rösti oder Fondue oder was denn?), und zum Glück: die Nationalwurst.

Seit vergangenem Montag wissen wir aus unserem geliebten «Tages-Anzeiger», dass es eine Nationalwurst gibt, die in manchen Kühlschränken und vielen Rinderdärmen ihr Dasein erlebt oder erleidet. Niemand anders als Stadtwurst – sorry: natürlich: Stadtrat Gerold Lauber gibt ein Geheimnis aus seinem farbigen Leben preis. Im Bellevue-Fragebogen des Tagis nämlich, da kommen Prominente, oft auch Cervelat-Prominente in einem Fragebogen zum Zug. Die Vorlage zum Fragebogen war bestimmt nicht jener berühmte von Marcel Proust, den man eine Zeitlang in der "Zeit" zu lesen kriegte, denn in jenem kommen Handys und Kühlschränke nicht vor. OK, wie intelligent die Frage "Was haben Sie immer im Kühlschrank" ist, das lassen wir mal beiseite; obwohl ich manchmal denke, dass die Antwort nicht erschöpfend über das Seelenleben oder die politische Ausrichtung des Befragten Auskunft geben kann. Nun also zurück zur Antwort von Gerold Lauber: In seinem Kühlschrank befinden sich immer Mayo und eben die Nationalwurst. Glücklich bin ich, dass man mir diese Frage nicht stellt, denn bei mir ist es nicht Mayo, und wenn Wurst, dann öfters keine nationale, sondern eine abgelaufene österreichische oder italienische. Wären die Kühlschränke grösser, könnte hie und da auch anstelle einer Nationalwurst ein Nationalrat zur Abkühlung eingestellt werden.

Da kommt mir eben auch noch die St. Galler Nationalwurst in den Sinn, die bei uns Bratwurst heisst, und in St. Gallen ohne Senf gegessen wird, wer sie mit isst, ist ein primitiver Gourmand! Die Sternenwurst beim Bellevue in Zürich wird mit superscharfem Senf serviert: Da habe ich kürzlich jemanden gesehen, der die Wurst in den Senf getunkt hat, wie man es beim Thomy-Senf machen kann. Resultat: Tränende Augen und ein halbes Bier zum Dämpfen. Wir verlassen jetzt die Wurst-Szene, obwohl noch zu erwähnen wäre, dass es auch Würste mit Beinen gibt.

Zurück zum Fragebogen: "Wann haben Sie das letzte Mal getanzt". Diese Frage würde ich gerne durch eine andere ersetzen, zum Beispiel (vielleicht bei Politikern interessant) "Wann haben Sie das letztemal gelogen?" oder, wie kürzlich bei einem bekannten Pianisten zuhause – unerwartete Düfte – "Wann haben Sie das letztmal gefurzt?". OK, es gibt im Tagi noch andere, ebenso wenig aussagekräftige Fragen wie "In welcher Situation wären Sie lieber eine Frau?" Oder die Frage, die fast nie beantwortet wird: "Verdienen Sie genug und wieviel?" Genug sagen zwar die meisten. Aber wann ist genug genug und wieviel? Da schweigen nicht nur die Götter.


André Bernhard,
19.11.2017, 116. Jahrgang, Nr. 323.

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