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«Wandzeitung» vom 8.5.2017:

kalt duschen mit der energiestrategie:

da biegen sich die balken.

aus der svp-küche ist kürzlich eine propagandaschrift in alle haushaltungen der schweiz gekommen, verantwortet von einem überparteilichen komitee. es geht um die energiestrategie, die im mai zur abstimmung kommt. eine frage, zu der es in guten treuen verschiedene antworten geben mag. wenn aber die eine seite derart krass mit falschen zahlen und verdrehten fakten um sich wirft, dürfen wir nicht schweigen. schauen wir die wichtigsten argumente näher an: sie entpuppen sich allesamt als falschaussagen. gibt es eigentlich keine instanz, bei der man solche desinformation einklagen könnte?

nun wissen wir alle mehr oder weniger: was wahr ist, ist oft schwer zu beurteilen. schon der römische landpfleger pilatus soll zu jesus gesagt haben: «was ist schon wahrheit!» nehmen wir dennoch die wichtigsten behauptungen dieses blattes genauer unter die lupe.

lautet da die schlagzeile vorne auf dem blatt: «3200 franken mehr bezahlen und erst noch kalt duschen.» die zahl meint die jährlichen mehrkosten für einen vierköpfigen haushalt, und die autoren geben vor, sich dabei auf die botschaft des bundesrates zu berufen. pech ist nur, dass dort eine solche zahl überhaupt nicht zu finden ist. es sind andere kosten (bau, unterhalt und betrieb aller schweizer kraftwerke), summiert auf 193 milliarden, die «unabhängig von der energiestrategie anfallen». ein klares falschzitat also.

unter dem titel «attacke gegen alle büezer» wird behauptet, es komme zu teurerem strom und benzin. fakt ist, dass tatsächlich eine erhöhung der kostendeckenden einspeisevergütung vorgesehen ist. diese wird aber jährliche mehrkosten von lediglich 40 franken pro haushalt bringen. dass benzin und heizöl teurer werden sollen, ist aus der luft gegriffen. die energiestrategie ändert nichts an der heute schon bestehenden co2-abgabe auf fossilen brennstoffen.

es wird behauptet, die energiestrategie bringe «zwingende gebäudesanierungen, ersatz von fahrzeugflotten und verbot von ölheizungen». stimmt alles nicht. strengere vorschriften betreffen neue fahrzeuge oder neue gebäude, und nirgends steht etwas von einem verbot von ölheizungen.

gleichermaßen wird unter dem stichwort «attacke gegen die konsumenten» behauptet, es käme zu «vorschriften, wann wir noch waschen, duschen und staubsaugen dürfen». nichts dergleichen ist vorgesehen. es wäre auch absurd. nein, die energiestrategie verzichtet bewusst und ausdrücklich auf verhaltensvorschriften.

eine grafik unter dem stichwort «zurück in die steinzeit» enthält mehrere fehler (für geschummelte grafiken ist die svp bekannt): die halbierung des energieverbrauchs ist nicht etwa eine vorschrift, sondern ein richtwert; diese reduktion ist pro person gemeint und rechnet ein, dass die bevölkerung seit 1966 angestiegen ist. (die fakten in diesem text stützen sich auf den artikel «die warmduscher» von hanspeter guggenbühl im p.s. vom 21.4.)

noch vor kurzem, bei der kampagne für die usr-III, hat sich die svp mit einer getürkten foto ins abseits gestellt. es ist zu hoffen, dass sie auch diesmal mit ihrem «energie-info»-blatt einen rohrkrepierer zündet. aber wer weiß – auch trump ist schließlich gewählt worden.

 

 


Alfred Vogel,
8.5.2017, 116. Jahrgang, Nr. 128.

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