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Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
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«Wandzeitung» vom 8.7.2017:

über den wolken muss die freiheit grenzenlos sein:

flugreisen.

am anfang bekommen wir zu hören «wir wünschen ihnen einen schönen flug» und am ende das pendant «hatten sie einen schönen flug?» vor meinem inneren auge flimmert eine filmszene vorbei: in «pretty woman» führt der reiche richard gere seine schöne über den weiten platz zum eigenen privatjet und lässt ihr dort einen drink servieren, und schon geht’s ab in die lüfte.

bei meinem betreten der flughalle fällt der blick gleich auf den einweisungspferch, den mit reiselustigem volk satt gefüllten. ich schicke mich drein, hinten anzustehen. in kleinen schrittchen buxen wir uns vorwärts, oder eher seitwärts, rechts, dann links, und schieben unseren koffer vor, vierte reihe, dritte, wie die schafe in der herde, bis wir anlangen bei der freundlichen dame am schalter.

frei vom schweren gepäck, endlich, und in der hand die boarding card, geht’s nun den pfeilen nach. nicht dass ich etwas hätte gegen fußreisen, es tut jedem gut zu gehen, nur ist hier die aussicht etwas eintönig, etwas viel beton. lange korridore, kanäle. wenigstens die wände sind mit werbung aufgelockert. es geht sich leicht, es geht über rolltreppen, über laufbänder, und wenn sich einmal der weg öffnet, führt er uns zwischen verkaufsregalen hindurch. «abflug» ist das wort, dem wir folgen, am besten merken wir uns schon jetzt «departure». wie groß da alles ist, wie groß die menschheit und wie klein wir selber.

luftfahrt, das ist sicherheit, und so hält uns nun ein weiterer parcours zur kanalisierung auf. mann entledigt sich der jacke, des gürtels, der tasche, und was noch? die hinter uns drängen. nur jetzt nichts falsch machen. schau, ich darf durchs goldene tor treten. es piepst nicht, es regnet nicht pech vom himmel. weiter. denen nach, die vor uns gehen. wir sind noch lange nicht am ziel. die engste aller schleusen kommt noch, dort zeigen wir unsere ausweise. der herr polizist nickt freundlich. «haben sie einen schönen flug!»

und dann sind wir dort, wo alles auf ein nümmerchen wartet: eine leuchttafel, darauf sollte stehen, bei welchem tor – was hier gate heißt – wir diese verpackungsanlage verlassen dürfen. wir sind zum glück nicht allein und erkennen nun, weshalb wir uns so früh schon einfinden mussten. niemand begehrt auf. da wäre auch keiner, der es zur kenntnis nähme. endlich leuchtet die ersehnte zahl auf. wir gehen los, zusammen mit vielen anderen, das gibt sicherheit, was alle tun, wird richtig sein. auf und ab, rolltreppen, laufbänder. dann nochmals warten. nehmen sie platz. man wird sie aufrufen. und wenn aufgerufen wird, in einem unbestimmbaren lautgebilde, stehen alle auf, wir auch, stellen uns in die schlange und warten wieder, bis sie sich vorwärtsbewegt. vorwärts, hinaus, hinauf, «welcome on board».

gut, wir sind on board. bald kann’s in die luft gehen. schrittchen um schrittchen, vorwärts im engen gang. handgepäck hinauf ins fach. dann werde ich außen am fenster, sitzend, eingesargt. wonderful.


Alfred Vogel,
8.7.2017, 116. Jahrgang, Nr. 189.

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