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«Wandzeitung» vom 27.1.2017:

Abstimmungskampagnen entwickeln eigene Dynamiken:

USR III: It’s the credibility, stupid!

Lange hielt ich es nicht für möglich, dass ein Nein zur USR III eine Chance hat. Ich dachte an die Abstimmung zum Steuerpaket 2004 zurück, als eine überladene Vorlage, gezimmert von der rechten Parlamentsmehrheit – im Nachgang zum Durchmarsch bei der Bundesratswahl mit Christoph Blocher und Hans-Rudolf Merz – an der Urne scheiterte. Oder an die USR-II-Vorlage, die nur hauchdünn durchkam, allerdings «Milliarden statt Millionen» kostete, wie der ehemalige Solothurner FDP-Regierungsrat und Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, Christian Wanner, in einem Interview im Tagi sagte, bei dem er sich auch kritisch und pessimistisch zur USR-III-Vorlage äusserte. Angesichts der Propagandawalze der Befürworter, des immensen Drucks, der auf bürgerliche Politiker ausgeübt zu werden scheint, sich in der Kolonne der Befürworter einzuordnen, dachte ich lange nicht daran, dass die Vorlage kippen könnte. Aber Abstimmungskampagnen entwickeln eigene Dynamiken. Und die Dynamik, die ich aktuell wahrnehme, zeigt auf, dass ein Nein zur USR III möglich ist. Ein Faktor dabei ist die Glaubwürdigkeit: 1. Indem der der Schweizerische Gewerbeverbande suggerierte, dass SP-Grössen wie Pascale Bruderer oder Hans Stöckli für die USR III sind. Diese wehrten sich dagegen, und die Glaubwürdigkeit der Befürworter erlitt einen ersten Dämpfer. 2. Kurz darauf publizierten die Befürworter eine von den Wirtschaftsverbänden in Auftrag gegebene Studie, wonach ein Nein zur USR III zu horrenden Verlusten bei den Sozialversicherungen führen würde. Zwar stellt der NZZ-Journalist in seinem Kommentar auch die Glaubwürdigkeit der Gegner in Frage, kritisierte die Studie und die vorweggenommenen Schlussfolgerungen scharf, indem er von «zu übertriebenen Interpretationen» und «stark irreführenden» Behauptungen schrieb. 3. Zuletzt trat die ehemalige Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf auf den Plan: Sie sagte klipp und klar: «Dieses Paket ist nicht mehr dasselbe, das der Bundesrat vorgelegt hat. Es gibt Punkte, welche die Reform aus der Balance gebracht haben. […] es gibt nirgends mehr eine Gegenfinanzierung.» Oder: «Ich habe aber immer gesagt, dass man die Ausfälle nicht durch eine Erhöhung der Steuern für natürliche Personen auffangen darf. Das fände ich ganz schwierig, denn der Mittelstand müsste die Last tragen». Die Gewerbeverband-Schummelei führte dazu, dass sich die Reihen auf der Linken schlossen und in der gesamten Wählerschaft die Pro-Kampagne an Glaubwürdigkeit verlor und einen wenig sympathischen Eindruck machte. Die Auftragsstudie zur Sozialversicherung relativierte die Glaubwürdigkeit sämtlicher Horrorszenarien, die die Befürworter immer wieder im Falle eines Neins bemühten und die allmählich etwas abgenutzt wirken. Und Eveline Widmer-Schlumpf als akribische und gewissenhafte ehemalige Finanzministerin besonders glaubwürdig, macht es möglich, dass die Stimmung kehrt und diese überladene Vorlage am 12. Februar abgelehnt wird. Und so die Möglichkeit für eine ausgewogenere, finanziell für Städte und Gemeinden tragbare Variante ausgearbeitet wird. Den Entwurf dazu gibt es schon: Die ursprüngliche bundesrätliche Variante – von Eveline Widmer-Schlumpf.


Nicolas Galladé,
27.1.2017, 116. Jahrgang, Nr. 27.

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