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«Wandzeitung» vom 6.10.2017:

Zum Erfolg der AfD in Deutschland:

Bundestagswahl.

Wie ist es Ihnen am 24. September gegangen? Ich konnte kaum noch aufhören, mir die Augen zu reiben. Nachdem klar war, dass die AHV-Revision Schiffbruch erlitten hatte, kamen die wirklich beschämenden Ergebnisse aus dem Kanton Zürich. Zukünftig werden vorläufig aufgenommene Asylbewerber und Asylbewerberinnen keine Sozialhilfe mehr bekommen. Damit sind sie weitgehend vom sozialen Leben ausgeschlossen, ihre Integration wird massiv erschwert und sie werden noch mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt als eh schon.

Und kaum hatte man die Abstimmungsergebnisse hier in der Schweiz und im Kanton Zürich einigermassen verdaut, wurden am Abend die ersten Hochrechnungen der Bundestagswahl in Deutschland bekannt. Und ich muss sagen, dieses Wahlergebnis liegt mir bis heute schwer auf dem Magen.

Jede und jeder Achte in Deutschland hat mit der AfD eine Partei gewählt, welche sich in keiner Weise von rechtsextremen Haltungen distanziert. Noch vor kurzem hat zum Beispiel Frauke Petri gesagt, dass man notfalls auf Flüchtlinge an der Grenze schiessen müsse. Und Alexander Gauland spricht davon, dass er Deutschland nicht an eine Invasion aus fremden Kulturen verlieren möchte. Und er findet es wichtig, Stolz für die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen einzufordern. Wohlgemerkt, Herr Gauland hat Jahrgang 1941. Er hat den zweiten Weltkrieg als Kind miterlebt.

Ich weiss, nicht alle AfD-Politiker und -Politikerinnen sind rechtsextrem. Aber sie lassen diese Strömungen in ihrer Partei zu. Und bis zu einem Dutzend AfD-Abgeordnete haben Kontakt zu rechtsextremen Gruppen wie zum Beispiel der Neonazipartei NPD oder der Identitäten Bewegung. Auch wenn die AfD wohl kaum Chancen haben wird, mit ihren Positionen Mehrheiten zu schaffen, so werden sie doch grossen Einfluss haben in der deutschen Bundespolitik. Sie haben mit ihren 94 Sitzen Anrecht auf Einsitz in diversen Gremien und können dort, oft abseits medialer Aufmerksamkeit, grossen Schaden anrichten.

Wie kann es sein, dass 12.6% der Deutschen eine solche Partei wählen? Sind 12.6% der Deutschen rechtsextrem? Bestimmt nicht! Aber es scheint eine so grosse Unzufriedenheit zu geben, dass viele Wählerinnen und Wähler keine andere Möglichkeit sehen, ihren Unmut kundzutun. In einer Reportage habe ich einen Mann Mitte fünfzig aus Frankfurt an der Oder sagen hören, dass er die AfD gewählt habe, nicht aus Überzeugung, sondern aus Trotz.

Dieser Trotz ist brandgefährlich. Demokratie hat mit Verantwortung zu tun. Wer wählt, muss sich bewusst sein, was er damit bewirkt. Und wer rechtsextrem wählt, hat Mitverantwortung für das, was die Gewählten dann in ihrem Amt anrichten. Gleichzeitig haben die anderen Parteien die Verantwortung, die Unsicherheit und Unzufriedenheit in der Bevölkerung ernst zu nehmen und darauf zu reagieren.

Gleiches gilt auch für uns. Wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten im Kanton Zürich Menschen, die in Not zu uns gekommen sind, keine Sozialhilfe gönnt, dann muss die Politik diese Stimmung ernst nehmen, auch wenn es uns schwer fällt.


Christa Meier,
6.10.2017, 116. Jahrgang, Nr. 279.

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