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«Wandzeitung» vom 4.1.2017:

Einmal von einer anderen Seite hinsehen:

Ein weiter Horizont bereichert.

Ich schreibe im alten Jahr, Sie lesen den Text im neuen Jahr. Zwischen Weihnachten und Silvester steht die Zeit gewissermassen still. Auch die geilen Siechen aus Politik und Wirtschaft, auf der stündlichen Suche nach dem medialen Aufsschrei, der ihnen ein Schlagzeilchen und damit etwas mehr Popularität bescheren könnte, sind ganz offensichtlich zur Ruhe gekommen. Die Journis haben die Grati oder den 13. bereits ausbezahlt erhalten und müssen sich höchstens noch ein bisschen mit der Jahresrückblende befassen, so sie oder er Dienst hat. Da könnte es vorkommen, dass eine Rückblende Nachdenken auslöst. Ich jedenfalls fände das toll, als Gegenpol zur unreflektierten sofort Berichterstattung unter dem Jahr. Gerne würde ich solche Rückblenden lesen, erlaube mir hier eine eigene.

Nehmen wir als Beispiel den Stadtrat von Winterthur. Das Kollegium hat aus meiner Sicht vollständig versagt. Die haben nämlich ein Dreiviertel Jahr lang systematisch auf einen Kollegen gespielt: Irgendwie kam der «Landbote» zu Informationen zur so genannten Wärmering-Affaire, legte diese Infos seinem Gusto entsprechend aus. Ein Skandal war geboren. Was für ein gefundenes Fressen! Niemand wollte widersprechen, oder wurde beim Widerspruch gehört, eine vom Stadtrat sanft begleitete allgemeingültige Sichtweise entstand und die Dinge nahmen ihren Lauf. Ein eigentliches Kesseltreiben begann, das ich letztmals beim Abkomplementieren von Aurelia Favre so erlebte. Wie bei Aurelia Favre gipfelte das Treiben in der Rücktrittsforderung.

Mit einer gewissen Häme wurde diese Rücktrittsforderung in Winti verglichen mit dem kurzen medialen Aufschrei und dem darauf folgenden courant normal in Zürich wegen Wolff und dem Koch Areal. Da hat das Kollegium Stadtrat nämlich funktioniert. Die verstehen sich ganz offensichtlich als Team mit einer sozialkompetenten Leaderin.

Aber gut, die Stadtpräsidentin von Zürich war im früheren Leben ja auch nicht Staatsanwältin, Anklägerin von Berufs wegen, quasi und einen Expolizisten haben sie dort auch nicht. Nein, in Winterthur verdichtete sich die Haltung, Gfeller – nur er und ganz alleine wäre für den Stadtrat nicht mehr tragbar. Ansonsten sei alles in Ordnung. Auf linksgrüner Seite hielt man sich zurück, könnte ja sein, dass es zu Nachwahlen kommt, da braucht man alle Kräfte, jede Stimme, nicht wahr. Also lieber nichts Unpassendes sagen. Solch einseitige und sich quasi diffus verbreitende Gesellschaftshaltungen verärgern mich, bringen mich dazu, meine Blickwinkel einmal um 180 Grad zu drehen. Da stellen sich auf einmal ganz andere Fragen:

Warum funktioniert der Stadtrat nicht als Team? Warum hat die Zusammenarbeit, das Stellvertretersystem nicht funktioniert? Wie verbessern sie ihre Teamkultur? Brauchten sie Hilfe? In welchen Abteilungen wird das ebenfalls fehlende und als zentral erachtete interne Kontrollsystem schleunigst eingeführt? In welcher Relation steht die Affaire im Verhältnis zum Gesamtumsatz von Gfellers Wirken? Persönliche Rückblenden helfen mir, Dinge zu betrachten, nachzudenken, meinen Horizont weit offen zu halten. Danke fürs Lesen.


Marlies Bänziger,
4.1.2017, 116. Jahrgang, Nr. 4.

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