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«Wandzeitung» vom 4.9.2017:

Bondo:

Nicht einfach Batzeli sammeln.

Die Schweiz bröckelt. Bondo ist in aller Munde. Grauenhaft, was geschehen ist. Riesige Gesteinsmassen haben sich vom Berg gelöst, sind als Wasser- und Gesteinslawine ins Tal gedonnert und haben das Dorf zerstört. Menschen sind gestorben. Und der Berg ruht nicht. Im Gegenteil: Er poltert und stiebt. Niemand weiss, wo und wann die nächste Flanke abreisst, ein weiterer Murgang folgt. Jedes Gewitter wird mit Bange erwartet.

In den Klatschspalten wird der Ruf nach Soforthilfe laut, Geld soll gesammelt werden, jeder kann etwas beitragen, jede Note zählt, Hilfe im eigenen Land ist gefragt. Dann folgt die Erinnerung an Gondo, im Jahr 2000, als ebenfalls ein ganzes Dorf verschüttet wurde, im Rahmen des Jahrhundertmurgangs. Ich surfe ein bisschen rum, bin gespannt, was berichtet wird. Gerade jetzt, kurz vor den kommenden Abstimmungen. Schnell finde ich den Vergleich mit Gondo. Dann eine Aufzählung von 20 schweren Murgänge seither. Die Naturgefahr wird heraufbeschwört, die Betroffenheit der Menschen beschrieben. Dann eine Aufzählung, wie viele andere Bergflanken noch vom Abrutschen betroffen sind.

Ich erinnere mich, da war doch was auf der Riederalp, da wo ganz früh schon Heliskiing betrieben wurde, wo man die Bauordnung so angepasste, dass die ganze Alp hässlichst überbaut wurde. Richtig: Der Aletschwald, ein Unseco-Weltnaturerbe, ist ebenfalls in Gefahr. Da droht die im Vergleich mit Bondo zehnfache Menge Material auf den Aletschgletscher abzustürzen, den Aletschwald mitzureissen. Die Wanderwege sind seit Monaten gesperrt. Hier finde ich eine Begründung für den drohenden Megamurgang: Weil der Aletschgletscher schmilzt, stützt er die Bergflanke nicht mehr. Ausserdem taut der Permafrost, hält den Berg nicht mehr zusammen. Das führt zum Abriss der 150 Millionen Kubikmeter, von denen niemand weiss, wann sie donnernd ins Tal stürzen. Grund: Klimaerwärmung. Wir beginnen die Folgen zu spüren.

Nur gilt es, den Bogen in den Alltag zu schlagen: Rund ein Drittel des CO2 Ausstosses, dem Klimatreiber per se, kommt vom privaten Autoverkehr. Knapp 20 Prozent werden der Luftfahrt zugeordnet. Zusammen rund 50%.

Und was beschäftigt die Politik? Der Ausbau des Pistensystems am Flughafen Zürich, sprich, dessen Kapazitätserweiterung. Plus die Vergrösserung des Strassenraumes auf Kantonsebene per Antistau-Intitiative, respektive dem Gegenvorschlag. Was für ein Hohn!

Ein kleines bisschen können wir den politischen Blödsinn geradebiegen: Wir stimmen der Änderung des Steuergesetzes zu und vermindern damit den Pendlerabzug! Wir sagen nein zum Gegenvorschlag zur Antistau-Initiative. Alles andere wäre unglaubwürdig im Hinblick auf die Naturgefahren. Denn diese haben wir selbst gemacht, sind als Gesellschaft dafür verantwortlich, haben jahrzehntelang darauf hingearbeitet.

Jetzt einfach ein paar Batzeli zu fordern, finde ich einfach nur lächerlich. Eigenverantwortung beginnt beim eigenen Handeln, auch beim Abstimmungsverhalten.


Marlies Bänziger,
4.9.2017, 116. Jahrgang, Nr. 247.

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