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«Wandzeitung» vom 12.9.2017:

O Bichelsee, was bist du schön:

Ode an den Bichelsee.

O Bichelsee, was bist du schön! Die Schweiz liegt an keinem Meer, hat aber eine Vielzahl von Seen. Meine schönsten Sommergefühle hatte ich dieses Jahr wohl im und am Bichelsee. Er ist idyllisch gelegen in Mostindien, im Kanton Thurgau. Die Zürcher Kantonsgrenze ist nicht weit. Schon die Anfahrt ist eine Wohltat: Von Oberi nach Elgg/ZH und dann über den Berg, und beim Abwärtsfahren erblickt man auf der linken Seite den Bichelsee.

Hier tragen die Damen und jungen Frauen besonders schöne Badeanzüge und Bikinis, zumindest kommt es mir so vor. In anderen Jahren ging ich oft in die Badi Utoquai beim Bahnhof Stadelhofen in Zürich. Dort gefällt es mir noch immer, aber die Thurgauer, die man am Bichelsee antrifft, sind definitiv entspannter und weniger hip als die Thurgauer im Utoquai. In der Stadt Zürich fühlt man sich als Badegast anders als am Bichelsee. In Zürich bleibt man anonym, am Bichelsee ist man jemand. Denn dort lächeln einem die Einheimischen nett zu, kennen einen schon, die Leute am Kiosk sowieso. Zwei Franken fünfzig kostet der Eintritt und die Pommes Frites, die besten überhaupt, kosten fünf Franken fünfzig.

Hier ist alles unmittelbarer, näher. Man schaut an und wird wahrgenommen. Man begrüsst sich freundlich, sagt ein nettes Wort, kommt zuweilen sogar ins Gespräch.

Als häufiger Badegast weiss man, dass der Holztisch vorne links Richtung See eigentlich der Stammtisch ist. Hier sitzen oft dieselben Menschen, einige davon sind noch berufstätig. Überhaupt bekommt man so einiges mit. Zum Teil werden interessante Diskussionen geführt, die man mithört, ob man nun will oder nicht. Ich höre eigentlich oft interessiert zu. In wenigen Tagen ist die Saison beendet, der Kiosk schliesst und die Toiletten können nicht mehr benutzt werden. Was bleibt, sind verwegene Schwimmerinnen und Schwimmer, die weiterhin im See baden. Gelegentlich Jugendliche, die Saltos vom Sprungbrett in den See machen und die geheimnisvolle grosse Schildkröte, die sich meistens auf einem Holzstück auf der gegenüberliegenden Seeseite aufhalten soll. Gesehen habe ich sie noch nie. Unvergessen sind die Vormittage im See. Das Wasser wirkt dann klarer und die Stimmung irgendwie magisch. Das Floss ist an den Vormittagen oft über längere Zeit leer. Nur dann besteige ich es. Ich setze mich, drehe mich ab und zu um 90 Grad und sehe auf den See hinaus. Mein Blick schweift zu den vielen Seerosen am anderen Ufer. Manchmal lege ich mich hin. Am Abend sind es die Sonnenuntergänge, die berühren.

Was mir bleibt, ausser den Erinnerungen: Am vermeintlich letzten Hochsommertag, am letzten Mittwoch im August, habe ich zufällig eine «alte» Freundin wieder getroffen. Wir hatten uns aus den Augen verloren und sieben Jahre nicht gesehen. Danke, Bichelsee! Oder war das Aufeinandertreffen das Werk der mysteriösen See-Schildkröte?


Rosmarie Schoop,
12.9.2017, 116. Jahrgang, Nr. 255.

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