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«Wandzeitung» vom 12.11.2017:

Zu streng oder wirklich eine Massnahme für die Verkehrssicherheit:

Aus dem Verkehr gezogen.

Vor zehn Tagen habe ich mein Auto vorgeführt. Leider kam es nicht mehr durch die Motorfahrzeugkontrolle. Ich frage mich, ob der Experte besonders streng war und ob jede Automobilistin, jeder Automobilist, genau gleich behandelt wird. Der Experte hörte nicht auf, sich Bemerkungen auf der Checkliste zu machen und Kreuze zu setzen. Am Schluss überreichte er mir das Durchschlagspapier und sagte: «Da ist doch allerhand zusammengekommen.»

Das war's dachte ich und machte mich auf zu meinem Automechaniker. Der bedauerte, dass der Experte sein Kreuz nicht bei «Nachkontrolle», sondern bei «Neuer Termin» gesetzt hatte. Die Reparaturen am alten VW Golf seien ein Fass ohne Boden. Würde ich die beanstandeten Mängel – eine Reparatur würde zwischen 2000 und 3000 Franken kosten – beheben lassen, man würde den Wagen beim nächsten Termin trotzdem von A bis Z wieder durchprüfen. Und mit grosser Wahrscheinlichkeit würden noch mehr Schwachstellen gefunden werden.

Mein Auto ist ein Erbstück, das im Jahr 1995 noch von meiner Mutter eingefahren wurde. Mein Vater, der vor zwei Jahren verstarb, hat den VW Golf gehegt und gepflegt. Der Motor läuft einwandfrei und sieht auch von aussen tipptopp aus. Keine Ölflecken weit und breit. Aber ich habe gelernt, dass Rost der grösste Feind des Autos ist. Und davon hat es am Fahrgestell und den Kotflügeln reichlich, das gebe ich zu. Es war trotzdem irgendwie demütigend, als mich der Experte aus dem Auto bat, damit ich mir das Fahrgestell von unten ansah. Vor lauter Aufregung übersah ich eine Stufe und stolperte dem Experten entgegen. Der stand unter dem Auto und schlug mit einem Schraubenzieher unsanft von unten auf den VW Golf ein.

Das tat mir selber weh und ich fragte mich, ob es wirklich nötig war, so in die Karosserie reinzuhauen. Kein Wunder löste sich bei diesen Schlägen was. «Da kommt einiges runter! Sehen Sie die Löcher da? Der Rost kam nicht von einem Tag auf den andern.» Das hat auch niemand behauptet. Mein Freund meint, die Experten mögen alte Autos nicht.

Es war das erste und wohl auch das letzte Mal, dass ich ein Motorfahrzeug vorgeführt habe. Ich mag es nicht, bewertet zu werden und ich mag es nicht, dass jemand mein Auto bewertet. Ob der Experte andere vorwarnt, bevor er das Auto auf zirka 45 km/h beschleunigt und dann voll abbremst? Vollbremsungen mag ich auch nicht. Hätte ich gewusst, was er vorhat, ich wäre ausgestiegen.

Ich möchte daran glauben, dass die Experten zu allen gleich streng sind, nicht nur in Winterthur, sondern in allen Kantonen der Schweiz. Für mich ist der VW Golf noch nicht ausgefahren. Ich werde alles daran setzen, dass er in gute Hände kommt, die ihn auch selber reparieren.


Rosmarie Schoop,
12.11.2017, 116. Jahrgang, Nr. 316.

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