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«Wandzeitung» vom 14.4.2017:

PMDD:

Mens ärgere mich nicht.

Postnatal, seit der Geburt meines Kindes vor siebzehn Jahren, leide ich am Prämenstruellen Syndrom (PMS), das sich je älter ich wurde immer mehr zum Prämenstruellen Disphorischem Syndrom (PMDD) und zu meinen Ungunsten entwickelte. PMS ist eine Kombination aus Symptomen, unter denen Frauen etwa eine Woche vor ihrer Periode leiden. Das PMDD äußert sich vor allem durch depressive oder labile Stimmungen, Angstgefühle, Aggressionen und leichte Reizbarkeit, die etwa zwei Wochen vorher bis zum Einsetzen der Periode auftreten können. Darüber hinaus leiden PMDD-lerinnen oft an einer Reihe anderer Symptome. Dazu gehören Konzentrationsschwierigkeiten, allgemeine Unlust, Lethargie, Appetitlosigkeit oder Fressanfälle, extreme Müdigkeit oder Schlaflosigkeit. Auch physische Beschwerden wie Schmerzen oder Schwellungen in den Brüsten, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen oder Blähgefühle können in den Tagen vor dem Einsetzen der Regel auftreten.

Malheureusement konnte ich meine Beschwerden viele Jahre lang nicht einordnen und verstand nicht was mich wiederkehrend zwei Wochen pro Monat durchschüttelt und wie es kommt auch wieder verschwindet. Zig kaputte Beziehungen, gekündigte Wohnungen und Arbeitsstellen, einem Marathon von erfolglosem Ärzte-Hopping später, kurz zwanzig Jahre nach Beginn meines Leidens, bin ich in einer soliden Beziehung, habe seit Jahren dasselbe Dach über dem Kopf und mich glücklich und erfolgreich selbstständig gemacht. Dank täglichen 20 mg Escitalopram habe ich keine Weltuntergangsstimmungstiefs mehr, sondern nur noch schlechte Laune. Bin nicht mehr bis aufs äusserste kampfeslustig und reizbar oder lebensmüde betrübt. Möchte mich zwar noch immer jeden Monat einmal von meinem Partner trennen – dieser resistiert aber geduldig – da verständnisvoll. Aktuell kann ich mich glücklicherweise meinem Monatszyklus anpassen. Mehr schlafen, wenn nötig, dafür mehr Leisten, wenn möglich. Kritische Tage möglichst frei behalten, um niemanden mit meiner Unzuverlässigkeit und Unzulänglichkeit zu enttäuschen. «Menschenskind!»

Die Liebsten um mich herum und Eingeweihte, orientieren sich mir und ihrerselbst zu Liebe an den erste Hilfe Massnahmen: Ausweichen auf eine presente Art und Weise, lieb sein, nichts von mir wollen und nichts als gegeben betrachten – mich aber dennoch ernst nehmen. Und so fahren wir die letzten Jahre und hoffentlich bis zur Menopause noch gut und dann ist – die Hände zum Himmel richtend – bitte, bitte Schluss damit.

Der Blähbauch, die Pickel am Kinn, das Kopfweh und die Müdigkeit haben mich nie so sehr erdrückt wie meine Verhaltensänderungen, denen gegenüber ich mich immer so machtlos fühlte und die mich viel Kraft und auch Moneten kosteten. Was wurde ich von Naturheilärzten, Systemischen Therapeuten, Schulmedizinerinnen ausgelacht und einmal sogar des Raumes verwiesen (mit aufgehaltener Tür nonverbal aus der Sprechstunde entlassen – und wie ich eben merke, seelisch noch nicht verdaut), wenn ich meine Leiden schilderte. Glücklicherweise habe ich nach langem Ausprobieren den guten Hausarzt für mich gefunden.

 


Lilian Setenou,
14.4.2017, 116. Jahrgang, Nr. 104.

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