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«Wandzeitung» vom 14.9.2017:

Meine Strategie gegen bad news:

Feige oder weise?

Ich sitze auf unserem Balkon und geniesse den lauen Spätsommerabend. Die Luft ist noch angenehm warm und die untergehende Sonne färbt den Himmel in zarte Pastelltöne. Es riecht nach Sommer, Grillen und Freiheit – herrlich! Eigentlich wollte ich jetzt noch die Tagesschau nachschauen. Ich klappe mein Notebook auf und lese die Online-Schlagzeile «Europa in Angst» und weiter unten das Zitat vom Fraktionschef der Union, Volker Kauder: «Die Terroristen werden nicht gewinnen.» Die Menschen in Europa werden weiter ihre Freiheit geniessen und Freude am Leben zeigen.» Ich ändere meinen Plan und schliesse zuerst mein Notebook, dann für einen kurzen Augenblick meine Augen. Dieser Abend ist viel zu schön, um ihn mit den tragischen Ereignissen der letzten Tage ausklingen zu lassen.

Vielleicht ist es feige, einfach die Augen zu schliessen und meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Doch für mich ist dieses «jetzt nicht Hinsehen wollen» mein Weg, um den Terror nicht gewinnen zu lassen. Nichts kann das Geschehene wieder gutmachten, keine Worte können den Schmerz der Betroffenen lindern. Sie wandeln jetzt im dunkelsten Tal ihres Lebens und ich kann nur beten, dass sie eines Tages, wenn die Intensität des Schmerzes ein wenig nachgelassen hat, wieder Freude, Hoffnung und Glück verspüren können. Doch die Schreckensmeldungen lassen auch mich nicht kalt, im Gegenteil. Gerade die Tragödie um den kleinen Jungen, der unter den Opfern von Barcelona zu beklagen ist, hat mein Mutterherz tief bewegt. Der Kleine hatte doch sein ganzes Leben noch vor sich! Es macht mich traurig und wütend zugleich, denn so etwas darf nicht passieren – und es passiert doch. Tagtäglich, auf der ganzen Welt.

Und ich sitze gemütlich auf meinem heimeligen Balkon, trinke ein Glas Wein und geniesse die friedliche Stille. Das ist weder gerecht, noch habe ich das auf irgendeine Art und Weise verdient. Ich bin einfach unendlich dankbar und hoffe, dass es noch lange so bleiben darf.

Mit Dankbarkeit und Hoffnung versuche ich, die Terroristen nicht gewinnen zu lassen. Weder in meinen Gedanken noch in meinen Zukunftsplänen. Ich möchte meinem Sohn die Schönheit der Natur näher bringen, ihm die Welt zeigen und in ihm den Glauben an das Gute und an sich selbst verankern. Ich möchte, dass er seine Freiheit ausleben kann und dass er die Kraft der Dankbarkeit erleben darf und davon auch ein Stück weitergibt. Und vor allem wünsche ich mir, dass er lernt im Hier und Jetzt zu leben und den Moment zu geniessen. Das ist das einzige was wirklich in unseren Händen liegt. Der Moment und was wir daraus machen. Denn diese Freiheit kann uns niemand wegnehmen und dafür lohnt es sich zu kämpfen.


Bea Studler,
14.9.2017, 116. Jahrgang, Nr. 257.

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