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«Wandzeitung» vom 15.1.2017:

Westliche Hacker-Hysterie:

Schaut mal in den Rückspiegel, Leute!

Der Aufruhr, den die angebliche Manipulation der amerikanischen Präsidentschaftswahlen durch russische Hacker ausgelöst hat, ist unglaublich. Es genügt tatsächlich ein Statement irgendwelcher Geheimdienst-Fuzzies ohne jegliche Beweise und die gesamte westliche Welt macht sich einmal mehr vor Putin-Angst in die Hosen.

Als nächstes Land soll nun Deutschland den Hackern aus dem «Reich des Bösen» (so heisst Russland längst wieder) zum Opfer fallen. Dort will man sich nun rüsten – zumindest rethorisch. Aber ausser Hysterie und Denk-Skeletten aus dem kalten Krieg ist offenbar nicht viel vorhanden.

Man tut, als hätte man erst jetzt von den neuen Strategien und technischen Mitteln moderner Kriegsführung gehört. He, hallo – der Cyberwar ist längst im Gang! Schon als der politische Flüchtling Edward Snowden, der noch immer im russischen Exil lebt, 2013 die USA als weltumspannende Abhör- und Hackermacht Nr. 1 entlarvte, war er in vollem Gang.

Doch das scheint die westliche Gesellschaft politkorrekt überhört zu haben. Oder hat seither vielleicht jemand seinen Facebook-Account geschlossen oder sein IPhone in den Müll geschmissen? Die amerikanische Lauschmaschine scheint man so wenig wahrzunehmen zu wollen, wie alle übrigen bösen Dinge aus dem Reich des Guten. Zum Beispiel der Drohnenkrieg – weltweites und ungestraftes Killen per Joystick – oder das Foltern afghanischer Gefangener in geheimen Kellern von NATO-Ländern, usw.

Das alles bleibt ungehört und ungesagt, weil die heiligen Denkschemen aus der alten Zeit unangetastet sein müssen. Dabei würde ein Blick in den Rückspiegel genügen, um zu verstehen, dass der grosse Bruder aus Übersee bezüglich Hacking und Manipulation längst auf der Überholspur ist.

Im vergangenen September informierte der Ex-Chef des französischen Auslandsnachrichtendienstes Bernard Barbier darüber, dass 2012 französische Regierungscomputer von der amerikanischen NSA gehackt worden waren. Daneben gestand er auch das Hacking durch die französischen Geheimdienste in einer ganzen Reihe von Staaten ein. Kurz: Es hacken alle. Doch diese skandalöse Tatsache sorgte nicht einmal ansatzweise für soviel Aufruhr wie der Furz um Trumps Wahl.

Die Angst vor Russland ist das wichtigste Argument für all jene, welche die bequeme Abhängigkeit Europas von Washington aufrecht erhalten wollen. Und wie man sieht, wirken die alten Scheuklappen auch nach 25 Jahren Mauerfall noch wunderbar. Diese unkritische Haltung gegenüber den USA ist ebenso veraltet, wie blind und dumm.

Das bedeutet weiss Gott nicht, dass man Russland gegenüber nicht gebührend misstrauisch sein soll. Sicher kompensieren die Russen einen Teil ihrer militärischen Unterlegenheit mit virtuellen Mitteln – was läge näher?! Hinzu kommt, dass Russlands Präsident sich angesichts der momentanen Verwirrung und aufgeblasenen Empörung im Westen ausnehmend geschickt verhält: Er schweigt einfach.

 


Eugen von Arb,
15.1.2017, 116. Jahrgang, Nr. 15.

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