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«Wandzeitung» vom 16.2.2017:

Erinnerungen:

Parallelen zwischen Trump und Hitler.

Als Adolf Hitler im Januar 1933 Reichskanzler wurde, schwankten die politischen Kommentatoren zwischen Entsetzen und Besänftigung. Einerseits war ein übler Anti-Demokrat ins Zentrum der Macht vorgerückt, der seine gesellschaftspolitischen Ziele und territorialen Expansionspläne mehrfach und deutlich geäussert hatte. Anderseits war er der vierte Kanzler binnen weniger Monate, weshalb man davon ausging, dass auch seine Amtszeit von kurzer Dauer sein würde. Zudem sei die Macht im Kabinett und mit der Gewaltenteilung beschränkt, hiess es.

Die «Zeit» hat kürzlich jene für Europa so fatalen Wochen beschrieben und dabei ganz offensichtlich, wenn auch ohne dies zu benennen, eine Parallele zur Gegenwart gezogen. Auch der neue US-Präsident Donald Trump hatte Absichten geäussert, bei denen es allen graut, die Rechtsstaatlichkeit und moderne Errungenschaften hochhalten (Grenzen für Muslime schliessen, Mauer bauen zwischen USA und Mexiko). Auch bei seiner Wahl schwankten die Kommentatoren zwischen Entsetzen und Relativieren. Unabhängig davon, ob diese Parallele zulässig ist, stellt sich die Frage: Was, wenn sich ein Szenario wie anno 1933 wiederholen würde? Wer würde den Machthaber stoppen, und wie? Welche rechtsstaatlichen Mittel gäbe es, und wie wirksam wären sie? Vielleicht könnte nur ein Attentat etwas ausrichten, sofern es gelingt, und die Folge davon wäre ein Bürgerkrieg.

Die Bewältigung des Zweiten Weltkriegs dauert bis heute an. Es wird geforscht, aufgearbeitet, erinnert, wiedergutgemacht, soweit möglich. Nie wieder darf es auf dem europäischen Kontinent einen Völkermord geben, darin sind sich seit Kriegsende alle einig. Die EU ist die politische Antwort darauf, ein Friedensprojekt, das auf den Trümmern eines kriegsversehrten Kontinents entstanden ist. Mit einem wachen historischen Gedächtnis und gefestigten rechtsstaatlichen Strukturen, mit einer Gesellschaft, die auch die Schwachen integriert, so nehmen wir heute allgemein an, kann so etwas wie der Zweite Weltkrieg heute nicht mehr geschehen.

Doch diese Annahme beruht auf dem guten Glauben, nicht auf einem zu Ende gedachten Ernstfall. Es gibt keinen Masterplan für den Fall, dass ein Staatschef nicht nur Unwahrheiten erzählt, sondern die Medien, die das Gegenteil schreiben, schliessen lässt. Oder nicht nur über die Gewerkschaften schimpft, sondern sie gleich verbietet.

Es wäre zu hoffen, dass die Zivilgesellschaft dann aufstehen würde. Im Deutschland der 30er-Jahre hatte die ausgehungerte Arbeiterschaft keine Kraft dazu. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist die Wirtschaftsleistung massiv gestiegen, ebenso der Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten. Seit einigen Jahrzehnten gibt es aber eine wachsende Schicht Abgehängte, Globalisierungsverlierer. Das Wählersubstrat, das extreme Politiker ansprechen. Ob die Zivilgesellschaft im Ernstfall stark genug wäre, ist fraglich.

Es bringt nichts, über Donald Trump zu schimpfen. Das macht ihn in den Augen seiner Wähler nur stärker. Wir sollten uns der Verletzlichkeit von Zivilisation und Rechtsstaatlichkeit bewusst sein und politisch so handeln, dass Stabilität und Zusammenhalt gefördert werden.


Claudia Blumer,
16.2.2017, 116. Jahrgang, Nr. 47.

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