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«Wandzeitung» vom 16.9.2017:

Keine Kompromisslösung, die allen Interessengruppen ein Zückerli verspricht:

Eine echte Reform wäre nötig.

Am kommenden Wochenende stimmen wir über die Altersvorsorge 2020 ab. Sie hat mich seit der Differenzbereinigung und der Schlussabstimmung im Parlament sehr beschäftigt – sie liegt mir wirklich am Herzen. Und ich hoffe, dass mich das Thema weiter begleiten und das Parlament nach einer neuen Lösung sucht. Denn ich werfe ein überzeugtes Nein in die Urne.

Alles hat mit der Suche nach einem spannenden Thema für den Unterricht begonnen. Ich entschied mich für die Altersreform 2020 und habe diese Vorlage sowie deren Beratung mit meinen Studierenden eingehend beleuchtet. Nachdem die letzten Sozialreformen im Parlament gescheitert waren, wurden dieses Mal zahlreiche Interessen berücksichtigt. Diese Stärke unseres Systems – die Suche nach einer Kompromisslösung – wurde bei dieser Vorlage aus meiner Sicht zum Stolperstein. Denn die Vorlage hat nun für jeden auch Aspekte, die ihm Dorn im Auge sind. Dies wurde nicht zuletzt in der „Arena“ vom letzten März deutlich. Die Debatte war so abstrakt, dass die Argumente beider Seiten teilweise kaum noch zu überzeugen vermochten – der Blick fürs Ganze ging verloren.

Die Altersvorsorge mit AHV und beruflicher Vorsorge ist das wichtigste Sozialwerk der Schweiz. Gerade in der AHV tragen immer weniger berufstätige Personen die Finanzierung für eine Rente: waren es bei der Gründung der AHV 1948 noch 6,5 Erwerbstätige, werden es in 30 Jahren gerademal noch deren 2 sein. Der Bundesrat hat sich deshalb das Ziel gesetzt, mit der vorliegenden Reform die strukturellen Probleme der Finanzierung anzugehen und die Altersvorsorge wieder auf nachhaltig stabile Beine zu stellen. Aber so gelingt das nicht.

Trotz zusätzlicher Finanzspritze in Milliardenhöhe über spürbar höhere Mehrwertsteuer und Lohnbeiträge erhält die AHV gerade einmal eine Verschnaufpause. 2035 fehlen bereits wieder 7 Milliarden Franken pro Jahr – weitere Massnahmen im Hinblick auf diese Lücke wären notwendig, der Druck auf Rentenalter und Steuererhöhungen würde steigen.

Wir würden also nur auf dem Buckel der Jungen sanieren. Die bis 45-Jährigen zahlen über den Umwandlungssatz mehr ein und wissen nicht, was sie als Rentner einst erhalten. Und unsere Kinder blicken einer noch unsichereren Zukunft entgegen. Auch die ältere Generation und die wirklich Bedürftigen profitieren von der vorliegenden Reform nicht. Denn die Ausgleichszahlung von 70 Franken kommt nur Neurentnern zugute, und die zusätzliche AHV wird von den Ergänzungsleistungen wieder abgezogen. Aber alle zahlen eine höhere Mehrwertsteuer.

Aus dieser Sackgasse führt nur eine echte Reform heraus. Über eine solche soll das Parlament in einer neuen Runde diskutieren. Keine Kompromisslösung, die allen Interessengruppen ein Zückerli verspricht, sondern wirksame Massnahmen sind gefragt.

 


Carola Etter-Gick,
16.9.2017, 116. Jahrgang, Nr. 259.

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Standpunkte:

21.9.2017, 08:51 Uhr.

Haymo Empl schrieb:

Ein interessanter, nachvollziehbarer Standpunkt, auch wenn ich JA stimme. Das Problem: Es ist zu befürchten, dass auch ein neuer Anlauf zu keiner besseren Lösung führen würde. Die Kompromisswilligkeit ist zu klein, finanzkräftige Interessengruppen zu mächtig.


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