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«Wandzeitung» vom 20.9.2017:

Ich koche dieses Sorry-Madame-Süppchen nicht mit:

Bundesratswahl – ein Herrenstück.

Als in der Sommersession Bundesrat Didier Burkhalter seinen Rücktritt bekannt gab, schlug das wie ein Blitz ein. Aufregung. Die Journalisten liefen in Hochstimmung herum – ihr Sommerloch war gerettet. Und im Parlament begann umgehend das Namenraten, Taktieren und natürlich die obligaten Ansprüche von Landesteilen, Sprachregionen, Interessensgruppierungen.

Während der Tessineranspruch von Anfang an reklamiert wurde, blieb es seltsam ruhig um den Anspruch der Hälfte der Schweizer Bevölkerung – die Frauen. Nun bin ich der Meinung, dass für dieses wichtige und anspruchsvolle Amt zuallererst die Qualität einer kandidierenden Person im Zentrum stehen muss.

Die FDP ist in der glücklichen Lage, sowohl in der Romandie als auch im Tessin qualifizierte Persönlichkeiten beiden Geschlechts zu haben. Und ich bin so lange dabei, dass ich in der glücklichen Lage bin, alle, welche in Frage kamen oder genannt wurden, persönlich zu kennen. Die FDP war in einer derart guten Situation, dass sie die Quadratur des Kreises geschafft hätte – sie hätte mit Ignazio Cassis und Laura Sadis zwei Tessiner präsentieren können, welche das Rüstzeug mitbringen.

Mit Laura Sadis hätten sie das zu bieten gehabt, was man gemeinhin als die eierlegende Wollmilchsau bezeichnet. Frau, Tessinerin, im nationalen Parlament verankert, Regierungserfahrung. Wer die Drahtzieher hinter dem Herrenstück waren, die uns in Bern in die ungemütliche Lage brachten, nun zwischen der Frage Tessin oder Frau zu wählen, weiss ich nicht. Aber ich hatte ein Déja-vu. Meine erste Session in Bern war die, in welcher Bundesrätin Ruth Metzler abgewählt und die älteren rechtskonservativen Herren ins höchste Schweizer Amt gehievt wurden.

Dass bei all dieser Unsensibilität und dem Unwillen, bei gleicher Qualifikation die angemessene Vertretung der Geschlechter zu berücksichtigen, einige Herzen dem jungen Genfer Kandidaten Pierre Maudet zufliegen, ist nachvollziehbar. Sein pragmatisches Vorgehen und Engagement gegen Schwarzarbeit und für die Legalisierung von Sans-Papiers, seine Sicherheitspolitik, die er nicht nur in Genf umsetzt, sondern die er auch dem damaligen VBS-Vorsteher Ueli Maurer in einem eigenen Papier entgegenhielt (ja er will auch die Armeewaffe nicht mehr im Besenschrank und eine kleinere moderne Armee und überhaupt das, was ich auch will…) haben auch meine Begeisterung ausgelöst.

Aber das, was vielen erst bewusst wurde, nachdem Doris Leuthard ihren baldigen Rücktritt angekündigt hatte, war mir dank Langzeitbeobachtung schon früh bewusst geworden – man versenkt grad wieder mal die Frauenfrage und die fähigen Frauen damit.

Diesmal wegen dem Tessineranspruch. Eben – den man mit Laura Sadis perfekt erfüllt hätte. Und ich bin nicht gewillt, dieses Spiel mitzumachen. Mit Isabelle Moret ermöglicht mir die FDP zwar nicht, den Tessineranspruch zu erfüllen, was mir ehrlich leid tut – hätte ich gerne anders gehabt liebe FDP. Aber ich habe die Möglichkeit, meine Stimme einer fähigen Frau zu geben. Und das werde ich tun meine Herren. Weil ich nicht bereit bin, Eure Süppchen mitzukochen, die jedesmal heissen: Sorry Madame, leider nicht dieses Mal.


Chantal Galladé,
20.9.2017, 116. Jahrgang, Nr. 263.

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