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«Wandzeitung» vom 29.6.2017:

Auf der Suche nach der Wahrheit:

Logisches Denken ist angesagt.

Was können wir denken? Was sollen wir tun? Was mögen wir hoffen? Auf diese zeitlos gültigen Fragen antwortete die über 88-jährige Philosophin Agnes Heller in einem in der NZZ erschienen Portrait mit: Wir sollten moralisch und politisch anständig sein, die Wahrheit sagen. Diese simple Forderung hat bei mir zu einem kleinen Gedankengewitter geführt: Fake News, politische Lügen, alternative Fakten – die Liste liesse sich endlos weiterführen. Doch: Als moralischer Imperativ heisst «die Wahrheit» ja nichts anderes, als nicht lügen. Eigentlich einfach zu erfüllen. Was aber, wenn jemand glaubt, die Wahrheit zu kennen? Subjektiv gesehen handelt es sich in diesem Fall um keine Lüge. Tatsächlich ist es in der heutigen komplexen Welt schwierig, bei Aussagen zwischen wahr und falsch zu unterscheiden. Viele Themen und Sachverhalte erfordern ein profundes Vorwissen; alle Zusammenhänge und Einflussfaktoren zu gewichten, gestaltet sich oft als schwierig oder gar unmöglich. So treffen wir häufig Entscheide, ohne beurteilen zu können, was die Folgen sind. Gerade in solchen uns überfordernden Situationen ist es verführerisch, Meinungen und Rezepte von Menschen zu übernehmen, die den richtigen Weg zu kennen behaupten. Und die keine Zweifel haben. Kurz: Die überzeugend wirken. Überzeugen zu können: Das wird in Firmen, in Parteien und in Amtsstuben intensiv geübt und trainiert. Die Teilziele sind klar: Glaubwürdig wirken, Beziehung aufbauen, klare Botschaften vermitteln. Diese Fähigkeiten werden auch unseren Kindern schon in der Primarschule vermittelt, zusammen mit Wissen um Psychologie und Motivation. Und in der Öffentlichkeitsarbeit besonders wichtig: Die eigene Botschaft mit einem kurzen, oftmals simplifizierenden, aber medientauglichen und zweifelsfreien Statement hinüberzubringen. Aber was ist der Inhalt dieser Statements, lässt sich die «Wahrheit» auf einige wenige Sätze verkürzen? Können wir die Wahrheit überhaupt fassen? Was Wahrheit im philosophischen Sinne ist, darüber sind sich auch die Philosophen nicht einig. «Wahr ist das, was ist» wird geboten oder die «Wahrheit als Übereinstimmung der Meinungen relevanter Personen». Ein einfaches Rezept zu finden, dürfte unmöglich sein. Unabhängig von einer Definition – beim Streben nach der Wahrheit dürfte etwas anderes helfen, Probleme und Sachverhalte, Meinungen und Argumente zu analysieren und zu beurteilen: Das eigene Denken.

Was ist eine Definition? Ich vermute, dass viele diese Fragen nur schwer beantworten könnten. Eine Möglichkeit bietet hier die Logik. Nur wer in einer Diskussion aus einer fremden Meinung die zugrundeliegenden Prämissen herauslesen und dann weiterführende Fragen stellen kann, dürfte zu einem Erkenntnisfortschritt beitragen. Auch das Wissen um den Unterschied zwischen eigener Gewissheit und Wahrheit dürfte helfen, eigene und fremde Vorurteile zu hinterfragen, und würde so manch scheinbare Diskussion zu einer echten werden lassen. Fazit: Um gemeinsam der Wahrheit einen Schritt näher zu kommen, sollte unser Wissen über zwischenmenschliche Kommunikation und soziale Techniken – gerade im Zeitalter der Fake News – ein ebenbürtiges Gegenüber erhalten: Ein Können in Logik, Argumentation und Diskussionstechniken.


Marcel Riesen-Kupper,
29.6.2017, 116. Jahrgang, Nr. 180.

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