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«Wandzeitung» vom 10.7.2017:

Abstract des Exkursionsberichts:

Entdeckung einer neuen Spezies.

Das Sonnensystem, über das Auskünfte angefordert wurden, ist eher unbedeutend. Ausser dem Zentralstern umfasst es vier Gesteins- und vier Gasplaneten sowie zahlreiche Zwergplaneten, Asteroiden und Trabanten. Noch am interessantesten scheint der dritte Planet zu sein, weil sich einzig auf ihm nennenswertes Leben entwickelt hat. In unregelmässigen Abständen dürften sich aus verschiedenen Ursachen Massenaussterben ereignet haben, bei denen jeweils ein grosser Teil der Arten zugrunde ging. Zur Zeit findet wieder ein solcher Faunenwechsel statt, und zwar verursacht durch das Tier, das gegenwärtig an der Spitze der Fresspyramide steht: den so genannten Menschen.

Beim Menschen, der sich in bezeichnender Selbstüberheblichkeit selber «homo sapiens», also «weiser, gescheiter, kluger Mensch» nennt, handelt es sich um ein höheres Säugetier aus der Ordnung der Primaten. Alle anderen Arten seiner Gattung, die früher existierten, wurden von ihm bereits ausgerottet. Ausgehend von Afrika, hat sich dieser Schädling auf alle anderen Kontinente ausgebreitet und bedroht seither massiv die Biosphäre des Planeten.

Charakteristisch für den Menschen ist unter anderem das Fehlen des Schwanzes und ein dadurch stark ausgeprägtes Hinterteil, das ihm den aufrechten Gang und längeres Sitzen ermöglicht und (ebenso wie die Zitzen des Weibchens) für ihn ein erotisches Faszinosum darstellt. Den Mangel des Fells kompensierte er durch die Entwicklung von Kleidung, den Gebrauch des Feuers und den Bau von Behausungen. Die Lebensweise als Allesfresser erlaubte es ihm, in fast alle Ökosysteme des Planeten vorzudringen und diese sukzessive zu zerstören. Im Gegensatz zu den meisten anderen Tieren ist bei ihm die Sexualität weitgehend von der Fortpflanzungsfunktion entkoppelt, wobei insbesondere mächtige Männchen gesteigerten sexuellen Appetit zeigen. Kommt es freilich zu einer Geburt, ist sie besonders durch eine weitere Fehlentwicklung des Menschen, das überdimensionale Gehirnvolumen, problematischer als bei anderen Tieren; die Neugeborenen sind unreifer und hilfloser als die jeder anderen Spezies.

Besonders stolz ist der Mensch auf seine Sprech- und Denkfähigkeit, wobei er von der letzteren allerdings nur selten Gebrauch macht. Fast alle Hervorbringungen seiner so genannten Philosophie und Religion zielen darauf ab, ihn als das wichtigste Wesen des Alls hinzustellen. Nur für ihn wurde in seinen Mythen und religiösen Vorstellungen die Welt erschaffen, nur ihn findet eine Gottheit der Erlösung und ewigen Lebens wert.

Gerade die Religion dient ihm freilich zum Anlass dafür, andere Vertreter seiner Spezies zu verfolgen und umzubringen, wie er überhaupt seine technischen Errungenschaften vorwiegend in den Dienst seiner Besitzgier und seines aggressiven Zerstörungswillens stellt. Es ist noch nicht abzusehen, ob er durch den von ihm verursachten Klimawandel oder durch einen globalen Atomkrieg nicht nur andere Arten, sondern auch sich selbst ausrotten wird.

Wir empfehlen jedenfalls, den Planeten unter Quarantäne zu stellen und das bisherige «silentium universi», worüber die Menschen so rätseln, beizubehalten.


Herbert Danzer,
10.7.2017, 116. Jahrgang, Nr. 191.

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