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«Wandzeitung» vom 13.11.2017:

In der Menge wurde ich auf die kleine CH Flagge, negativ, angesprochen:

Patriotismus.

Was ist Patriotismus? Gemäss Duden die "[begeisterte] Liebe zum Vaterland". Anstelle von Liebe, kann es sich auch um Stolz handeln, oder Ehrfurcht. Statt Vaterland, auch Kanton, Stadt, Stadtviertel, Fussballmannschaft oder auch Kontinent. Vom Lokalpatrioten bis zum Internationalisten ist niemand gefeit vor Patriotismus, sprich vor patriotischen Gefühlen. Diese Gefühle können sich negativ äussern, die Rede ist vom negativen Patriotismus, welcher ausgrenzt und einen Ingroup-Outgroup-Bias erzeugt oder verstärkt. Doch was ist mit dem positiven Patriotismus, gibt es ihn überhaupt?

Gefühle, Emotionen, die menschliche Eigenheit, ein Phänomen zu verstehen und doch „anders zu fühlen“, führen zu einer anderen Fragestellung; und zwar nicht „ob“ es einen positiven Patriotismus gibt, sondern „wie“ ein positiver Patriotismus auszusehen hätte, da die Gefühle ohnehin existieren, jenseits der Wunschvorstellung einzelner Internationalisten.

Ein persönliches Beispiel, wie sich die erwähnten Internationalisten die Problematik der Patrioten einverleiben, von den Winterthurer Musikfestwochen: „Ich war mit Jeansweste, mit Aufnähern von Bands sowie einer aufgenähten, kleinen, Schweizer Flagge, unterwegs zum Konzert der Broilers.

In der Menge wurde ich auf die kleine CH Flagge, negativ, angesprochen. Die Ambivalenz des Lokalpatriotismus eröffnete sich mir in jenem Moment, als eine ausländische Band, skandiert durch Antifa-Parolen, Lieder unter anderem gegen Nationalismus darbot, da kam er auf, der widersprüchliche, nicht greifbare, doch spürbare „Stolz“ auf Winterthur, die Musikfestwochen, die Organisation, die Möglichkeit, dass alles dies eben hier möglich ist und nicht in Zürich oder Genf. Die Episode mit der Kritik an meiner aufgenähten CH Flagge begünstigte dieses unsortierte aufflammen vielleicht sogar noch.“

Doch wie verkorkst muss das individuelle Verhältnis zur eigenen Nation sein, wenn man sich über eine Flagge echauffieren kann? Mit dieser aktiven Verneinung von Patriotismus wird die unbedenkliche Form vorneweg stigmatisiert.

Ein Beispiel, wie ein positiver Patriotismus aussehen könnte, zeigte sich mir an der 1. August Feier in der Reithalle: „Die Landes- und Kantons-Fahnen hingen in der Halle, der höchste Schweizer hielt eine Rede. Nach einer Bratwurst und zwei Bier erhob ich mich zur Nationalhymne. So muss er wohl sein, der Patriotismus, etwas aus der Zeit gefallen, einige Rituale beachtend, leicht angetrunken und ein wenig langweilig.

Das Gefühl jedoch blieb aus. Erst als die Flüchtlingstochter auf der Bühne Rede und Antwort stand oder die ausländische Gastwirtin, die Vorzüge der Schweiz aus ihrer Sicht erläuterte, da hatte ich wieder einen positiven Grund, um, trotz aller berechtigter Kritik, eine Art von Stolz zu empfinden.“

Patriotismus existiert, ob es ihn braucht, das würde ich rational bezweifeln, doch vorhanden ist er trotzdem, daher sollten wir positive Beispiele vorleben, uns für sie einsetzen.


Roman Kurtz,
13.11.2017, 116. Jahrgang, Nr. 317.

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