Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 3.9.2014:

Theater ums Theater:

Fertig mit Lustig.

Fertig mit Lustig – Fertig mit dem Theater! Vor einigen Jahren hat Martin Gmür im «Landboten» gefordert, das Theater zu schliessen. Grosse Empörung allerseits: Ein so schönes Theater mit so schönen Aufführungen einfach schliessen! Wohin sollten dann die Theater- und Opernliebhaber gehen? Nach Zürich natürlich! Gerade 20 Minuten von Winterthur entfernt kann man nämlich die besten Opernaufführungen der Schweiz hören – sogar in einem schönen Gebäude, mit hervorragender Infrastruktur, und mit – man staune – wunderbaren Möglichkeiten, die Pausen zu geniessen: mit Aussicht auf See und Sechseläutenplatz, mit Snacks und Getränken. Auch Schauspielhaus und Schiffbau sind auf sehr hohem Niveau, Marthaler hin oder her.

Vieles geht in Winterthur nicht, und ist auch nie gegangen. Dass wir ein teures Gebäude als Tournee-Theater benützen – fast hätte ich geschrieben «missbrauchen» –, ist bereits ein Affront. Da kauft «man» einfach eine zweite Garnitur zum Beispiel aus Ostländern günstig ein. Die erste Garnitur eines Theaters geht nicht auf Tournee, das ist der zu blöd. Ob es sinnvoll ist, einer polnischen Truppe bei der Zauberflöte zuzuhören und zuzuschauen, ist noch eine ganz andere Frage. Was hingegen klar ist: Den Musikern und Sängern, den Dirigenten und Schauspielern ist es wurst, ob es dem Publikum gefallen hat oder nicht. Sie verreisen nach dem Event sofort per Bus in die nächste Stadt, die ebenfalls ein Tourneetheater betreibt. In unserer Stadt werden sie nicht mehr gesehen, sie müssen sich der Kritik, in seltensten Fällen dem Lob, nicht stellen. – Was sonst noch unangenehm ins Gewicht fällt, ist der technische Aufwand. Zwar ist das Bühnenbild meist 0815, weil es in alle Theater passen und leicht transportierbar sein muss. Weil ich zehn Jahre gegenüber dem Theater gewohnt habe, weiss ich um den Lärm des Ein- und Ausladens, um die Angewohnheit der Chauffeure, die Lastwagen neben dem Gebäude stehen zu lassen und den Motor die ganze Nacht laufen zu lassen – wegen der Heizung und weil sie die Nacht im Lastwagen verbringen müssen. Ich erinnere mich gut an die Begebenheit, als um ein Uhr in der Früh ein aufgebrachter Nachbar nach kurzer Diskussion mit einem Chauffeur ihm mit einem Baseballschläger die Windschutzscheibe eingedonnert hat. – Kurz: Der Aufwand ist bedeutend, die Qualität eben nicht.

Vom einst florierenden Restaurant mag ich gar nicht reden: Die Streitigkeiten zwischen Theaterleitung und Restaurateur haben der Qualität nur geschadet.

Andere Städte machen das besser. St. Gallen zum Beispiel hat ein Sprechtheater und einen Operetten- und Opernbetrieb mit festem Ensemble, begleitet vom eigenen Orchester, das auch Konzerte gibt. Die Crew kann man später auf dem Markt oder im Café treffen – denen ist es nicht egal, wie sie spielen.

Fazit: Theater schliessen: ja, Kongresszentrum daraus machen: nein. Die Idee war kürzlich im «Landboten» verbreitet worden. Warum nicht? Weil wir schon ein gut eingerichtetes haben: das Kirchgemeindehaus an der Liebestrasse.


André Bernhard,
3.9.2014, 113. Jahrgang, Nr. 90.

Artikel als PDF downloaden

Standpunkte:

9.9.2014, 13:49 Uhr.

René Munz, Gesamtleiter Theater Winterthur schrieb:

Ich weiss nicht, warum Herr Bernhard das Theater hasst. Aber es würde mich freuen, wenn er mal die eine oder andere Vorstellung besuchen und sich im Theaterrestaurant, wo jetzt Chantal Huneault kocht, kulinarisch verwöhnen lassen würde. Er könnte dann feststellen, dass alle seine Klischee-Vorstellungen gar nicht zutreffen und dass die Stadt Winterthur nicht nur ein vergleichsweise kostengünstiges Theater hat – finanziert mehrheitlich mit Mitteln aus dem Finanzausgleich, mit Eintrittseinnahmen und einem Kantonsbeitrag, sondern auch ein Programmangebot mit Produktionen grosser europäischer Theaterhäuser bieten kann. Eine qualitativ hochstehende und nach wie vor geschätzte, eigenständige Ergänzung zu Zürich. Nix mit Pappwänden, dafür Koproduktionen mit Opernhaus und Musikkollegium. Und das Theater wird ja auch von lokalen und regionalen Institutionen gern on Anspruch genommen. Aber klar: Wer sich nicht dafür interessiert, der braucht’s ja nicht. Ist allerdings eine etwas enge Sicht der Dinge.


4.9.2014, 21:12 Uhr.

Matthias Erzinger schrieb:

Also sooo schlecht waren jetzt viele Aufführungen nicht, im Gegenteil. Aber vermutlich bin ich halt zu wenig gebildet um das beurteilen zu können. Marc Baumann hat ein sehr gutes Programm ermöglicht. Leider wurde es ihm zu blöd.


Veröffentlichen Sie Ihren

Standpunkt*:

Verbleibende Zeichen: 777 von 777

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.