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«Wandzeitung» vom 4.1.2018:

Der vierte König.

Ständig zu spät!

Morgen feiern wir den Dreikönigstag. Quasi als Abschluss der Weihnachtsfeiertage. Für orthodoxe Christen fällt ihr Weihnachtsfest direkt auf unseren Dreikönigstag. Auch passend, finde ich, denn die drei Könige, wichtige Zeitzeugen von damals, bezeugen mit ihrer Anwesenheit und den Geschenken zusätzlich die Wichtigkeit des Neugeborenen.

Mögen sie Königskuchen? Haben Sie dieses Jahr schon einen vorzeitig gegessen? Ich mag den mit Hagelzucker besonders gerne. Früher, im Haus meiner Eltern, war das immer ein Event. Wir setzten uns gemeinsam an den Tisch, der Kuchen wurde verteilt und jeder und jede begann ihr Stück zu verzehren.

Dabei ging es darum, mit möglichst vielen Grimassen die anderen denken zu lassen, dass ich auf den König gebissen hätte und das niemanden merken lassen möchte. Am Schluss folgte das grosse Rätseln, wer denn nun tatsächlich der oder die Glückliche war. Wir witzelten, rätselten, bogen uns vor Lachen über die Faxen der anderen – grossartig. Ich habe die Tradition in meiner Familie fortgeführt, mit dem Unterschied, dass meine Tochter jeweils den Tränen nahe ihr Kuchenstück zerbröselte, ohne je den König zu finden, worauf mein Sohn, der ihn in aller Regel fand, ihn still der kleinen Schwester zusteckte, damit die wieder lachen konnte. Auch das ein wunderbar fröhliches Ritual.

Auch Weihnachten ist für mich ein fröhliches Fest, es soll gespielt, gelacht, gesungen werden über die Freude am Kind. Jedes Jahr von neuem! Auch mit Besinnlichkeit, wenn wir daran denken, wie und wo das Kind geboren wurde.

Die Legende erzählt, dass neben den drei Königen noch viel mehr Menschen dem Stern folgten, herausfinden wollten, worauf er hin strahlte, sich mitfreuen, mitlachen, mitfeiern wollten. Unter ihnen auch ein vierter König. Der kam ebenfalls von weit her, hatte ebenfalls Geld, Edelsteine und mehr dabei.

Aber der vierte König kam zu spät. Er wurde unterwegs aufgehalten. Viel Armut und Not begegnete er auf seinem Weg. Er hielt an, half und unterstütze, bis die Menschen wieder lachen konnten. Danach setzte er seine Reise fort. Weiter dem Stern nach. Bis zur nächsten Notsituation. Wieder half und unterstütze er, unterbrach seine Reise für einen Moment, ohne sein Ziel aber aus den Augen zu lassen.

Als er endlich beim Stall ankam, war die Familie schon weiter gezogen. Er reiste hinterher, folgte dem Ruf des Kindes, später des erwachsenen Mannes. Aber er folgte auch weiterhin seinem Innern, nämlich da zu sein, wo Not war und Hilfe gebraucht wurde, die er bieten konnte.

Das erinnert mich gewissermassen an einen lieben Menschen. Kurz vor Weihnachten telefonierten wir. Er müsse mir etwas über seinen körperlichen Zustand mitteilen, meinte er. Es komme aus dem Magen. Er mache jetzt eine Chemo. Zum Glück hätte er in seinem Leben nichts auf später verschoben. Jetzt hat er sich neue Bergschuhe gekauft, für die Touren im kommenden Sommer. Er lebt jeden Tag bewusst, tut weiterhin, was er für richtig hält. Das ist und bleibt sein Lebensmotto. Damit gibt er jedem Tag die Chance, ihn Neues erleben zu lassen. Wunder inklusive. Für das Jahr 2018 nehme ich mir ihn und den vierten König zum Leitbild.


Marlies Bänziger,
4.1.2018, 117. Jahrgang, Nr. 4.

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