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«Wandzeitung» vom 3.11.2014:

Brauchen wir das wirklich?

Bildung - Ausbildung - Einbildung.

Eigentlich wollte ich nicht mehr über die Schule schreiben, oder über unser Bildungssystem. - Sorry; haben wir überhaupt ein «Bildungssystem»? Nein, haben wir nicht, wir haben in der Schweiz viele verschiedene, mehr oder weniger ausgefeilte Systeme, denn jeder Kanton kann selbst definieren, was die Kinder brauchen. Super! Wenn man zum Beispiel von Zürich nach Baden umzieht, muss das Kind unter diesem föderalistischen System leiden: Plötzlich ist alles anders. Vielleicht verliert es ein Jahr, muss wiederholen, nacharbeiten, Nachhilfestunden nehmen. In der Bildung wird Föderalismus GROSS geschrieben. Die Lehrpläne sind von Kanton zu Kanton verschieden, Man wollte das ein wenig verbessern: HARMOS hiess das Projekt, das es dann doch nicht geschafft hat. Es wollte, dass die Dauer der Schulzeit, Fremdsprachen und anderes vereinheitlich werden. Schon früh waren einige Kantone überzeugt, dass dies nichts taugt. Zuständig sind der Bildungsrat, in einigen Kantonen der Regierungsrat. – Jetzt soll alles besser werden: nicht mit HARMOS, sondern mit dem LEHRPLAN 21. – Ich habe ihn nicht ganz gelesen, denn es sind etwa 600 Seiten. In diesen gewaltigen Werk, das mit viel Aufwand und viel Geld entstanden ist, werden von unseren Schülern KOMPETENZEN verlangt. Genau 4500 Stück. Nun haben ein paar Parteien und Kantone bemerkt, dass dies ein wenig viel ist. Auch Lehrpersonen – 28% sind dagegen – machen sich zum Gegenschlag (oder Gegenvorschlag?) bereit.

Nun wird der Lehrplan 21 überarbeitet, gekürzt, vereinfacht. Das Resultat wird im November vorliegen. Ein Partei verlangt nun, dass das Volk über den Lehrplan abstimmen soll. Gute Nacht! Wenn der überarbeitete Lehrplan in die Vernehmlassung geht, möchte ich wissen, wer wie viel davon liest, bevor er seine Meinung dazu abgibt – und wie dann später dem Stimmvolk klar gemacht werden soll, um was es KONKRET geht. Ich lese bei FRANZÖSISCH zum Beispiel:

«Die Schülerinnen und Schüler können eine positive Einstellung und Interesse für das Sprachenlernen aufbauen.» (3. bis 6. Klasse) Remo Largo hat es vor ein paar Tagen geschrieben: Weg mit dem Frühfranzösisch. Weg mit dem Spätfranzösisch? Die Begeisterung zum Französisch lernen – ist auf allen Stufen suboptimal. Auf der Sekundarstufe sind 50% der Schülerschaft uninteressiert, die anderen 50% überfordert. Was jetzt passiert, ist beängstigend: Eltern von Schülerinnen und Schülern, die ungern Sprachen lernen, sollen entscheiden, ob und was in den Lehrplan gehört. Ich kann mir das Resultat vorstellen, Sie wahrscheinlich auch. In der Suisse Romande ist es mit dem Deutschunterricht ähnlich: Niemand macht’s gern.

Was die Schweiz braucht, ist kein Lehrplan 21, abgespeckt, für einige Kantone, sondern ein einheitliches Bildungssystem für die ganze Schweiz. Ich bilde mir ein, dass das möglich sein sollte. Wenn ich allerdings einige unserer Bildungsdirektoren, und unsere Bildungsdirektorin, genauer anhöre, dann werde ich nicht nur traurig, sondern pessimistisch. Oder was halten Sie davon, wenn eine Amtsvorsteherin während einer Bildungsratssitzung SMS schreibt? Eben. Einem Schülern nimmt man dann das Handy weg.


André Bernhard,
3.11.2014, 113. Jahrgang, Nr. 151.

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