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«Wandzeitung» vom 3.1.2018:

Es lebe die Jugend!

Jung und schön.

Jung. Diesmal nicht C.G.Jung, sondern jung, so wie wir alle einmal waren und einige immer noch sein möchten. Ewige Jugend, jeunesse dorée: vital, schnell, rassig, knackig, unternehmungslustig, energisch, fröhlich, dynamisch, und vor allem schön, optimistisch, ohne Sorgen um AHV oder deren Revision. Im Alter kommen uns einige dieser Dinge abhanden, den einen mehr, den anderen weniger. Und natürlich sieht man jung einfach besser aus: keine Falten, keine Arthrosen, keine Vergesslichkeit, schön langsam unterwegs auf dem Weg zu Stock und Demenz. Einer meiner Söhne hat mir kürzlich gesagt, ich sei jetzt aber ziemlich gealtert. An Klassentreffen ist das ab einem gewissen Alter so: man denkt: wie sind die alt geworden, so runzelig, so gebrechlich, so verlangsamt. Daheim schaut man in den Spiegel und sieht: ach, ich aber auch!

Schön. Auch wer nicht perfekt aussieht, kann schön sein. Man sagt zwar, dass Schönheit von innen kommt, oder: Schönheit liegt im Auge des Betrachters etc. Der Erfolg von Botox zeigt, dass Schönheit auch von aussen kommt, und die Milliarden-Industrie der Kosmetik lebt von dem Wunsch der Menschen, jung und attraktiv zu sein und zu bleiben. Wer für ein Töpfchen Crème 500 Franken ausgibt, ist überzeugt, dass dies nützt. Mein Biologielehrer hat uns seinerzeit erklärt, dass das Aufschmieren von Salben nichts bringe, man könne höchstens über Ernährung etwas ändern, denn die Haut wachse von innen nach aussen.

Das hingegen ist der Schönheitsindustrie egal. Glatte Haut, grosse Brüste, ein imposanter Po, das bringts, und davon leben einige Schönheitschirurgen ganz gut. Einen prominenten kenne ich persönlich, und zwar über das verhasste Französischlehrmittel "Envol". Die Schwester dieses Chirurgen hat es verfasst, und weil ich einmal vor dem Bildungsrat über dieses Werk referiert habe, kam ich zu einer Einladung beim Bruder. Beim Vorstellen hat die Autorin ihm gesagt, dass ich sicher gerne jünger aussehen würde. Daraufhin hat mir der Chirurg gesagt, ich solle doch mal bei ihm vorbeikommen, er könne da etwas Botox spritzen. Ok, habe ich gemacht. Resultat: eine Stirn glatt und unbeweglich wie Marmor. Meine sonst ziemlich lebhafte Mimik war plötzlich eingeschränkt. Aber ich sah jünger und frischer aus...

Botox ist eines der stärksten Gifte, eigentlich ein Abfallprodukt eines Pilzes. Obwohl die Herstellung billig ist, kostet eine Botox-Behandlung der Stirn dann doch um die 1000 Franken und hält längstens ein halbes Jahr. "Man muss wissen, wie man es spritzt, das ist die Kunst", sagte mir Cédric George damals. Natürlich arbeitet er auch chirurgisch, aber da kam ich noch knapp weg. Meine Augenlider tendieren scheints zu Schlupflidern, das sei eine kleine Operation. Cédric George ist auch in der Wiederherstellungschirurgie von Unfall- und Brandopfern tätig.

Die chinesische Jugend erlebt gerade einen Boom der Schönheitschirurgie: Lippen spritzen und Brustvergrösserungen gehören zum Alltag, happiger wird es bei Beinverlängerung und Gesichtsverkleinerung. Wer kann das bezahlen, wer hat so viel Geld? Die jungen Frauen jedenfalls nicht, aber ihre 25-jährigen Millionäre, die schon. Jung und reich!


André Bernhard,
3.1.2018, 117. Jahrgang, Nr. 3.

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