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«Wandzeitung» vom 11.1.2018:

Es ist wie Bahnfahren, nur ohne Billettkontrolle:

Digitale Verheissung.

Mit dem selbstfahrenden Auto ist es doch so: Der Mensch setzt sich rein, gibt das anzusteuernde Ziel vor und sich selbst dann der Musse hin. Es ist wie Bahnfahren, nur ohne Billettkontrolle und nervige, lärmige Nachbarinnen und Nachbarn. Soweit die Verheissung!

Wahrscheinlich mussten sich die Politikerinnen und Politiker schon so oft mit dem selbstfahrenden Auto beschäftigen, dass sie dabei auf eine Idee gekommen sind: "Wir könnten ja auch das Regieren lassen, dem Land ganz grob angeben, wohin es gehen soll - in die Zukunft natürlich - und lehnen uns dann zurück, um zu sondieren, zu taktieren, zu lobbyieren, Arena zu spielen, Wahlkampf zu betreiben oder sonstwas zu tun. Wäre das nicht eine rundum tolle Sache? Ein ganz neues Modell: das selbstregierende Land!" Utopie? Überzeichnung? Nun, in Neuseeland wird an einem Roboter gebastelt, der erst ins Parlament einziehen und bis 2020 als Premier kandidieren soll. Zurück zum selbstfahrenden Auto. Sitzt man erst einmal bequem darin, dann kann man schöne Dinge tun. Einen Film ansehen zum Beispiel - aber nur so lange, bis der selbstschauende Film erfunden worden ist. Oder sich ein Bier genehmigen. Falls es das selbsttrinkende Bier noch nicht gibt. Oder eine Pizza … Na, Ihr wisst schon. Damit sind wir bei einer existenziellen Frage angelangt: Wozu ist in absehbarer Zeit der Mensch überhaupt noch nötig? Als Produzentin oder Produzent tritt er im Zeitalter der Automatisierung immer mehr in den Hintergrund. Und als Konsumentin oder Konsument sind seine Tage womöglich ebenfalls gezählt. Er oder sie kann froh sein, wenn ihn oder sie das Auto überhaupt noch mitnimmt. Denn es wird ja immer schlauer. Zunächst wird es beispielsweise auf die Ansage »Heute geht es nach Uster« räsonieren: »Was sollen wir dort? Dort ist ja nichts los.« Und irgendwann wird es solche Fahrten verweigern und sich alleine auf den Weg machen, dahin, wo es ihm gefällt. Das nennt sich dann künstliche Intelligenz. Der Mensch muss höllisch aufpassen, dass die Gegenstände, mit denen er sich umgibt, nicht schlauer sind als er selbst. Aber bald wird der Mensch nicht mehr das schlaueste, sondern das dämlichst mögliche Auto kaufen, damit es ihm nicht auf der Nase herumtanzen kann. Wenn der IQ des, sagen wir, Toasters erst einmal höher ist als der der Benutzerin oder des Benutzers, dann gute Nacht.

Die «Wandzeitung», verehrte Leserinnen und Leser, wird Euch sicherlich auch im eben begonnenen, neuen Jahr weiterhin über den Verlauf dieser Entwicklung auf dem Laufenden halten. Jedenfalls, solange sie noch keine selbstlesende Zeitung ist. Ich wünsche allen Selbstlesenden ein schönes und friedliches 2018, gute Gesundheit und viele schöne Momente - und unserer «Wandzeitung» ein langes und abwechslungsreiches Weiterleben.


Ludi Fuchs,
11.1.2018, 117. Jahrgang, Nr. 11.

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