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«Wandzeitung» vom 13.1.2018:

Was ist der Unterschied zwischen einer Bar und einem Kinderzimmer?

Rauchen für den Klimaschutz – oder so.

Im November 2017 wurde ein internes Schreiben der SBB publik, welches auf ein totales Rauchverbot an Bahnhöfen hinweisen soll. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 startete bereits die einjährige Versuchsphase. Geprüft werden: Totale Rauchverbote, Raucherzonen und Raucherlounges. Die Berichterstattung verlief von unaufgeregt neutral bis zu empört emotional, die Kommentarspalten zeigten eher Letzteres. Die Raucher empörten sich über die weitere Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit, für manche Nichtraucher hingegen, gleicht das Anzünden einer Zigarette im öffentlichen Raum einem Selbstmordanschlag. (Rauchen ist tödlich. Rauchen fügt ihnen und den Menschen in ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu. Definition eines Selbstmordanschlags?) Ich bin Raucher und ich bin es gerne. Natürlich kann man mir vorwerfen, dass ich mein Weltbild anhand der Sucht konstruiere. Weiter möchte ich auch nicht die Schädlichkeit vom Rauchen relativieren oder irgendwie verharmlosen. Auch das Passivrauchen möchte ich nicht als „Nicht so schlimm“ oder ähnliches abschwächen, die Studien sind evident, es schadet. Doch draussen an der frischen, dieselabgase-belasteten feinstaub-verschmutzten, Luft hält sich der Schaden für Dritte in Grenzen. Nun geht es der SBB aber nicht um die Umerziehung oder die Volksgesundheit, sondern lediglich um die Bedürfnisse der Kunden, welche sich durch die Raucher gestört fühlen. Soweit so einleuchtend, doch wer mit der Unternehmensfreiheit der SBB argumentiert, müsste auch mit der Unternehmensfreiheit eines jeden Gastwirtes argumentieren und sich dezidiert gegen ein staatlich verordnetes Rauchverbot äussern. Dies war offenkundig nicht der Fall, als das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen beschlossen wurde. Doch was spricht nun gegen das Rauchverbot an Bahnhöfen? Aus meiner Sicht, der Sicht eines Süchtigen, dringendere Probleme wie auch die technische Entwicklung. Ebenso evident wie die Schädlichkeit von Zigaretten ist die Tatsache des durch den Menschen verursachten Klimawandels. Wenn ich eine Reise von Winterthur nach Hamburg antrete, entscheidet neben dem Preis auch der Faktor „Rauchen“ über meine Wahl des Transportmittels. In meinem eigenen Auto darf ich rauchen. Wähle ich das Flugzeug, so habe ich am Flughafen bei Abflug wie Ankunft Raucherräume, also nur für rund 90 Minuten keine Zigarette. Mit dem Zug, der klimafreundlichsten Variante, bleiben mir acht bis zehn Stunden ohne Zigarette. Die technische Entwicklung zeigt sich an den heute verfügbaren Filter- und Abzug-Systemen, welche es ohne Probleme ermöglichen würden, in einem Zugwaggon eine passivrauchfreie Zone des Zigarettenkonsums zu schaffen. Kombinierte man dies noch mit einer Bar, die Zugfahrt nach Hamburg wäre das reinste Vergnügen. Die Frage ob es sinnvoll sein könnte, Anreize für bereits rauchende Personen zu schaffen, ein klimafreundlicheres Transportmittel zu wählen, wird nicht diskutiert, allein die Verbotskultur, ob auf politischer oder auf „unternehmerischer“ Ebene, wird stetig ausgebaut. So führt es in der Schweiz zur paradoxen Situation, die sich mit folgendem schlechtem Witz zusammen fassen lässt: „Was ist der Unterschied zwischen einer Bar und einem Kinderzimmer? Im Kinderzimmer darf man rauchen.“ – Macht Sinn.


Roman Kurtz,
13.1.2018, 117. Jahrgang, Nr. 13.

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