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«Wandzeitung» vom 18.5.2018:

Alltägliches:

Warten um Zähne.

Guten Mor…gähn. Ich habe gerade eine Nachschicht mit meinem Enkel durch. Er ist sechs Monate alt und wir warten schon seit über zehn Wochen auf seinen ersten Zahn. Erst dachten wir ja, der ist ja früh dran, als es anfing, fast sintflutartig aus seinem Mund zu speicheln. Bald meinten wir irgendwelche weissen Spitzchen in der harten Pilger zu entdecken. Das Zahnfleisch schwillt an und ab. Die Wangen sind mal rot vom Zahnweh, mal orange vom Rüeblibrei. Trotzdem wollen die Beisserchen ihr Versteckspiel nicht beenden. Längst lutscht er an allen und allem, kaut seine flüssige Mahlzeit und beisst auf allem rum. Diese Nacht haben wir kaum zwei Stunden am Stück Schlaf gefunden – für nichts. Schmerzen hat er momentan keine, aber er ist hyperaktiv. Wir haben einen tollen Gel, der eine kurze Zeit etwas Linderung bringt für die Spannung um die Hackerchen. Und wir studieren, ob es sich doch lohnt ein teures Bernsteinketteli anzuschaffen.

Ab dem ersten Zahn muss man dann mit Putzen anfangen, mit einem kleinen Bürsteli, mit Wasser angefeuchtet. Es gibt da verschiedene Liedli dazu, um den Kleinen das neue Ritual schmackhaft zu machen. Ab einem Jahr kann man dann ganz wenig Zahnpasta (ohne Zucker!) einen drauf machen. Die spinnen doch, die da Süsstoff mit rein machen. Hoffentlich hat der Kleine nicht unsere Milchzähne geerbt. Unsere Wurzeln wollten nicht absorbieren beim Zahnwechsel und mussten allesamt gezogen werden. Meistens hat’s im Anschluss keinen Platz im Gaumen und man muss mit einigen mechanischen Eingriffen mehr schaffen, zum Beispiel den Kiefer brechen. Aber das klingt schlimmer als es ist. Das Schlimmste sind die Rechnungen danach. Aber immerhin gibt’s die Stunden im Wartezimmer gratis dazu. Und die Fachleute sind fleissig mit Ziehen, Bohren, Kleben und Schrauben im Kindermund. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen. Und ist das Minus auf der Bank wert. Aber darüber sollte man besser „d’Schnorre halte“. Auch wenn man alljährlich schulmeisterlich ermahnt wird, die Zahnzwischenräume mit Bürsteli und Seide zu reinigen. Auch da sind die Utensilien zur Industrie geworden. Sprechen mit vollem Mund ist verpöhnt, auch auf dem Arztstuhl, wenn man das grösste Loch im Kopf voller Instrumente hat.

Im Erwachsenenalter sollte man weiter Sorge tragen zu den Beissern. Sonst müssen Brücken gebaut werden oder Implantate eingesetzt. Es könnte sonst Lücken geben durch die Löcher. Inzwischen kann etliches Material eingearbeitet werden. Schön, wenn es ein Leben lang halten würde. Aber zum Schluss muss man sich doch überlegen, was der Kosten-Nutzen von Optik und Praktik ist. Schöne, gepflegte Zähne sind ein Zeichen von Wohlstand und ein Muss für die Gesundheit. Auf den Felgen kauen ist auch nicht so easy. So müssen wir in den sauren Apfel beissen, so lange das schmerzfrei geht, und brav ins Kauwerkzeug investieren.


Momo Appenzeller,
18.5.2018, 117. Jahrgang, Nr. 138.

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