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«Wandzeitung» vom 2.6.2018:

Alltägliches?

Fair food.

In Frauenfeld organisiert eine religiöse Gemeinschaft eine Essensbörse im 14-Tag-Rhythmus. In Gebrauch nehmen können sie Einzelpersonen und Familien, die aus verschiedensten Gründen in finanzielle Not geraten sind. Momentan nehmen ungefähr 100 Haushalte dieses Angebot an. Beim Willkommensgespräch erzählt man seine Geschichte.

Dass man überhaupt kommt ist schon ein Zeichen. Es ist nicht ganz so einfach, seine Probleme offen zu legen, zuzugeben, dass der kleine Verdienst nicht reicht, man allenfalls Sozialhilfe bekommt, invalid ist oder an den Gebrechen des Alltags kämpft. Man hat dort ein offenes Ohr und setzt auf Fairness. Wenn das Okay zum go kommt, füllt man seine Karte für die Kartei aus. Nun geht’s los. Man zahlt pro Einkauf 15 Franken. Entsprechend der Karte hat man dann Anspruch auf die Essensmenge für die jeweilige Personenzahl für zwei Wochen. Das Essen kommt von den Grossverteilern, ist Nahe dem Ablaufdatum oder darüber; egal. Toll, dass es so was gibt und nicht alles im Abfall landet! Beim Eintritt am Ausgabetag zahlt man also die Gebühr und zieht dann eine Nummer. Eine Glocke mahnt die folgenden Zahlen. Ist man dran, steht man an und nennt seinen Familiennamen. Dann bekommt man ein Kärtlein, wo drauf steht, für wie viele Personen man Essen beziehen darf. Man steht dann vor dem Eingang und wartet auf Einlass. Mit einem Einkaufswagen wird man durch die Ladenstrasse geschleust. Zuerst kommen die Brotwaren, dann das Gemüse, Obst und Früchte, Fleisch- und Wurstwaren, Milchprodukte, Saucen, Drinks, Konserven, Aufstriche, Konfitüre, Teige, Kindernahrung, Süsses wie Schokolade, Kuchen, Guetzli. Was genau angeboten wird, ist jedes Mal eine Überaschung. Oft sind Leckereien mit dabei, die man sich regulär nie leisten könnte.

In der Wartezeit kann man sich gratis mit allerlei Getränken, Kuchen und Patisserie verpflegen. Es können wertvolle Gespräche und Bekanntschaften entstehen. Die Helfer sind wohlwollend, aber nicht missionarisch. Während des Einkaufs sind sie sehr hilfsbereit, schleppen immer weiter Kisten her mit Alltäglichem, aber auch kulinarischen Highlitghs. Man darf nachfragen nach Artikeln, gerne suchen sie danach und geben einem eher mehr als weniger in den Einkaufswagen. Trotzdem fällt auf, dass es Bedürftige gibt, die ungeduldig sind und auch über die Sachen lästern. Dabei müsste allen klar sein, dass es hier um Lebensmittel geht, die sonst im Abfall der Produzenten und Verteiler landen würden, weil sie für den regulären Konsumenten nicht mehr interessant sind – unsere Wegwerfgesellschaft.

Nebenher kann man sich für sieben Franken die Haare schneiden lassen. Für eine Fragen gibt’s Kinderkleider, je nachdem Bücher, Spielzeug, für 3 bis 5 Franken Secondhandkleider und Schuhe. Diesen „Fair Shop“, wie er heisst, bietet seinen Dienst auch Asylanten an, die haben jeweils einen separaten Einlass, tags zuvor. Wahrlich ein Juwel der Nächstenliebe für Mensch und Natur. Prädikat wertvoll und zur Nachahmung sehr empfohlen!


Momo Appenzeller,
2.6.2018, 117. Jahrgang, Nr. 153.

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Standpunkte:

4.6.2018, 11:51 Uhr.

Drusti schrieb:

Finde ich eine tolle Idee und hoffe die Verbreitung dieser Idee findet schnell weitere Nachahmer ! Danke für den Beitrag


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