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«Wandzeitung» vom 8.12.2014:

Es weihnachtet sehr ...

Liebes Christkind.

Wieder steht Weihnachten vor der Tür und ich wende mich einmal mehr voller guter Hoffnungen an dich. Im Moment sieht es nämlich so aus, als könnten nur noch ein paar Wunder helfen. Ich bin mir natürlich bewusst, dass meine Wünsche gemessen an den grossen Problemen in der Welt nur als lächerlich bezeichnet werden können und dennoch strampeln wir uns halt alle dort ab, wo wir hingeboren worden sind. Verzeih mir!

Hingeboren worden bin ich in eine Stadt namens Winterthur. Sie ist ein winziges Pünktchen in einem kleinen Land, das von dir oben ebenfalls nur als Pünktchen erkennbar ist. Auf diesem Mikropünktchen Erde tummeln sich etwas mehr als 100 000 Menschen. Für sie ist das Mikropünktchen das Universum und dieses Universum ist ins Wanken geraten. Ich weiss, dass du das kaum glauben wirst, aber den Menschen dort fehlt es an Geld. Wenn du durchs grosse Fernglas guckst, siehst du zwar lauter wohlgenährte, gut gekleidete Leute, solid gebaute Häuser und viele glänzende Automobile, die sich wie Perlen auf der Schnur aneinander reihen. Aber ich sag’s dir: Die Stadt leidet tatsächlich unter grosser Finanznot. Weshalb ich das weiss? Na, du bist gut! Liest du eigentlich keine Zeitungen? Dort ist fast täglich von der grossen Not zu lesen und vom heroischen Kampf, den unsere sieben edlen Ritterinnen und Ritter ausfechten, um die roten Zahlen – schlecht – in schwarze Zahlen – gut – zu verwandeln. Nicht hoch zu Ross und auch nicht mit dem Schwert in der Hand, aber mit grimmigen Gesichtern und entschlossenem Blick.

Sparen, auf Teufel komm raus, heisst die aktuelle Devise und Maxime unserer Mikropünktchen-Stadt! Oder wie es der «Tages-Anzeiger»-Karikaturist Felix Schaad kürzlich zugespitzt ausdrückte: Es werde so sehr gespart, dass man sich teilweise wie in einem Drittweltland fühle. Das fand der aktuelle Stadtpräsident gar nicht lustig, und das wirst auch du, liebes Christkind, nicht lustig finden. Und es ist in der Tat nicht lustig, sondern traurig. Wenn zum Beispiel den ärmsten Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt die städtischen Beiträge gekürzt werden, dann ist das sogar mehr als traurig, nämlich himmeltraurig! Ich erinnere dich in diesem Zusammenhang an all die wohlgenährten, gut gekleideten Leute in der Stadt! Und wenn man diese Botschaft ausgerechnet dem sozialdemokratischen Sozialvorsteher verkünden lässt, der sich – du hast es von dort oben bestimmt gesehen! – gegen diesen Entscheid, den ihm eine hartherzige Regierungsmehrheit aufs Auge gedrückt hat, erfolglos gewehrt hat, dann hat das nichts mit schwarzem Humor zu tun, sondern mit dem sogenannten Kollegialitätsprinzip. Aber ich bin sicher, liebes Christkind, du siehst, was wirklich los ist da unten und wirst den entsprechenden Eintrag machen in dein goldenes Gerechtigkeitsbuch.

Vor lauter Jammern habe ich fast vergessen, was ich mir denn eigentlich wünsche: Mehr Gerechtigkeit und Augenmass! Auch beim Sparen!


Kathrin Bänziger,
8.12.2014, 113. Jahrgang, Nr. 186.

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Standpunkte:

21.12.2014, 19:31 Uhr.

Peter Wittwer schrieb:

Liebe Kathrin Bänziger, es gibt ein Wort in der Bibel: Gerechtigkeit. Dieses Wort wird von GOTT anders ausgelegt, als von den Menschen. Gerecht heisst bei den Menschen, die Reichen werden immer reicher und die Armen werden immer ärmer. Das ist heutzutage überall so und die sogenannten Gerechten schämen sich nicht dafür, nein, sie nehmen immer mehr und vergessen zu teilen. Die Frömmigeit geht halt nur bis zum Portemonnaie. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum so viele Menschen der weltlichen Kirche den Rücken zuwenden. AMEN!


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