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«Wandzeitung» vom 7.9.2014:

Hausfrauen und Mütter mit akademischer Ausbildung:

Ausbildung verpflichtet.

Laut Bundesamt für Statistik werden in der Schweiz etwa 5 Milliarden Franken in den Sand gesetzt, weil 50 000 Frauen zwar eine akademische Ausbildung geniessen, jedoch nach dem Studium nicht ins Berufsleben einsteigen, sondern lieber Hausfrauen und Mütter werden.

Es ist mir klar, dass ich mit einer Diskussion über Frauenrollen in ein Minenfeld trete. Und es geht mir ganz sicher nicht darum, mit diesem Text Frauen, die ein anderes Familienmodell bevorzugen als ich, zu verurteilen. Dennoch gibt es meiner Meinung nach ein paar objektive Kriterien, die nicht ausgeblendet werden dürfen.

Vorab eine Klarstellung: Ich bin selber Mutter und mir ist diese Rolle sehr wichtig. Es ist mir wichtig, für meine Kinder da zu sein, sie liebevoll zu betreuen und möglichst gut zu erziehen, für ihre Anliegen und Frage zur Verfügung zu stehen und ihnen Werte zu vermitteln.

Und trotzdem wäre ich nicht glücklich, wenn ich «nur» Mutter wäre. Ich habe nämlich auch einen wunderbaren Beruf. Meine Berufstätigkeit füllt mich aus, fordert mich heraus, macht mich finanziell unabhängig, gibt mir Bestätigung, bringt mich mit interessanten Leuten zusammen … Ich könnte mir nicht vorstellen, mich nur noch auf meine Mutterrolle zu beschränken, das würde mir nicht entsprechen, das wäre nicht mehr ich.

In der Schweiz ist eine akademische Ausbildung im Vergleich zu anderen Ländern fast gratis zu haben. Die Schweiz hat erkannt, dass in einem Land, das kaum über Rohstoffe verfügt, gut ausgebildete Leute die wichtigste Ressource sind. Darum investiert die Schweiz so viel in genau diese Ausbildung, sei dies auf Ebene einer Berufslehre oder eben eines Studiums. Das macht aber nur dann Sinn, wenn diese Investitionen sich auch irgendwann einmal auszahlen. Das heisst, mit einer Ausbildung, die ich zum grössten Teil auf Kosten des Staates mache, verpflichte ich mich auch dazu, etwas aus dieser Ausbildung zu machen.

In der Diskussion über Vollzeit-Hausfrauen und -Mütter hört man immer wieder, dass die Kinder ja auch von der Ausbildung ihrer Mütter profitieren. In meinem Fall ist das sogar sehr offensichtlich, denn als Lehrerin verfüge ich über sehr viel Knowhow zu pädagogischen, didaktischen und psychologischen Fragen. Selbstverständlich profitieren meine Kinder davon. Genau, wie die Kinder einer Coiffeuse sicher besser frisiert herumlaufen, haben meine Kinder wohl die professionellere Unterstützung bei ihren Hausaufgaben als andere. Was genau die Vorteile für Kinder einer Mikrobiologin, einer Robotertechnikerin, einer orthopädischen Chirurgin, einer Politologin oder einer Linguistin sind, ist schon etwas weniger naheliegend.

Natürlich müssen wir frei entscheiden können, wie wir unser Leben gestalten. Dazu gehört auch, das wir selber Prioritäten setzen können zwischen familiärer und beruflicher Verwirklichung, ohne diese Bereiche gegeneinander auszuspielen. Dennoch sehe ich mich auch verpflichtet, mich als Berufsfrau für die Gesellschaft zu engagieren, die mir meine Ausbildung ermöglicht hat.


Christa Benz-Meier,
7.9.2014, 113. Jahrgang, Nr. 94.

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