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«Wandzeitung» vom 19.4.2018:

Frankenreiterei:

Franck – Franke – Frankenreiter.

Frankenreiter oder Frankenreiterin? Klar, die Frankenreiterin kommt zuerst – Ladies first. Also unsere Frankenreiterin will nicht mehr auf den Franken reiten, sondern lieber auf dem Kultursessel, sie möchte die erste Stadtpräsidentin Winterthurs sein. Wenn Sie das lesen, wissen Sie das Wahlergebnis schon, also brauche ich hier keine Wahlprognosen zu machen. Der Frankenreiter hingegen, der bleibt (hoffentlich) wo er ist: auf der Orgelbank der Stadtkirche. Bei den beiden Menschen tönt es gut bis sehr gut: die Finanzen von Yvonne Beutler klingen hervorragend, die Töne von Tobias Frankenreiter ebenso. Mit ihm habe ich mehr Erfahrung als mit ihr: Vor einigen Jahren haben wir zusammen in der Stadtkirche rund 6000 Schülern die beiden Orgeln gezeigt, jeden Tag vier bis sechs Mal. Und Tobias beherrscht die Tastaturen der Orgel so gut wie Yvonne die Klaviatur der Finanzen.

Was Franck anbelangt, bin ich mir nicht sicher, wie viele Leserinnen und Leser noch wissen, was Franck in den 40er- und 50er-Jahren bedeutet hat. Es gibts zwar noch immer, das Franck-Aroma in der blau-weiss gestreiften Packung, aber nach den Kriegsjahren war Kaffee sehr teuer, und viele Haushalte schönten das bisschen Kaffeepulver mit Zichorie auf, mit Chicoree, dem Bitterstoff, der von vielen geschätzt wurde.

"Bitter ist das neue Süss!" Das ist der Wahrspruch der Firma Sonnenmoor, ihr bitterer Spray, zweimal pro Tag in den Mund gesprayt, verhindere den Wunsch nach und den Konsum von Süssem. Ok, ich habs noch nicht probiert. Klar hingegen ist, dass in unserer Zeit das Bittere fast verschwunden ist – Appenzeller Bitter und Hildegard von Bingens Bittertropfen machen den Braten nicht fetter. Aber Bitter sei gesund, für Haut, Haar und Magen – und eben für die schlanke Linie. Statt Bittertropfen nehme ich trotzdem lieber Campari.

Wenn wir schon bei Franck sind, soll Franke nicht unerwähnt bleiben; ein guter Freund von mir hat für Franke gearbeitet, Küchen waren damals das Hauptprogramm. Und mein Freund abreitete dort als Architekt von Grossküchen für Spitäler und Kantinen, erfolgreich bis zum Tag der Straffung der Küchen. Ciao Bello hat es dann geheissen. Das war bitter für Rolf, auch ohne Appenzeller. Er hat dann als nicht mehr ganz junger Küchenentwerfer in einer zurechtgemachten Garage sein eigenes Büro aufgemacht. Und dann halt wieder zugemacht.

Die Frankenreiterei lag ihm eben nicht. Der Nationalbank liegt sie besser: einige Milliarden Reingewinn sollen da herumliegen, Vollgeld hin oder her. Euroreiten ist einiges einfacher: wenn man sieht, welche Menschenmassen sich jeden Samstag Richtung Konstanz bewegen und dort den gesamten Verkehr zum Erliegen bringen und mit vollgepacktem und mehrwertunversteuertem Gut nach Hause fahren, dann wird einem schwindlig. Der Kurs Franken/Euro ist zwar längst nicht mehr so günstig wie einst, aber die Einkaufsgewohnheiten bleiben.

Tja, und punkto Verkehr: wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Da muss man dem Schubert ein wenig nachhelfen, es heisst jetzt: wer reitet so schnell durch Nacht und Wind? Ja, leider von Franz Schubert und nicht von César Franck. Der hätte hier besser gepasst.

 


André Bernard,
19.4.2018, 117. Jahrgang, Nr. 109.

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