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«Wandzeitung» vom 3.5.2018:

Wie bitte?

1 kg 300.000.--

Zuerst wollte ich darüber schreiben, wie Rentner über den Tisch gezogen werden. Damit ist jetzt nichts. Sie werden zwar immer noch kräftig über den Tisch gezogen, aber ich hatte gerade ein erhebendes Erlebnis, das mich mehr beschäftigt. Ich habe meine Klasse gefragt, was pro Kilo 300 000 Franken koste, es sei aber weder Schmuck noch Droge. Was kann da sein? Die Antworten gingen von Gold (42 900./kg) bis Villa pro kg etc. Auf die richtige Antwort kam niemand: Man denke: 100 g für 30 000! Zwar ist es so, dass die meisten Menschen, die sich das kaufen, jeweils nur 10 oder 20g davon kaufen. Es ist etwas Technisches, etwas, das Nutzen bringt. Sie wissen es schon? Man kriegt es in der Apotheke oder bei Fielmann oder im Fachgeschäft. Jetzt haben Sie es sicher. Eigentlich: es handelt sich um Hörgeräte. Klein aber fein. Eigentlich ist es ja nur ein kleiner Verstärker, der via Bluetooth mit allem verbunden werden kann. Was so teuer daran ist: ich vermute, dass es die Entwicklung und die Miniaturisierung sein muss.

In den Apotheken kriegt man dies allerdings viel billiger: 100g für nur 4800 Franken. Das Fachgeschäft sagt dann, dass ihr Gerät viel mehr als ein Verstärker ist und viel genauer justiert werden kann. Man steckt das Ding in auch nur hinter das Ohr, und damit hat sich’s. Von Audika bis Neuroth, von Fielmann – ja, der mit den Brillen – von Audibene bis Phonak und Oticon bleibt sich das gleich.

Die grosse Ausnahme macht nur Herr Koj, ein Mitdreissiger aus Oesterreich, der nicht nur das Ohr sondern auch das Gehirn trainiert. Mit einem kleinen Extra-Computer macht er es möglich, dass mittels Gehinrtraining das Gehör schärfer wird. Mein ältester Schüler, 89 Jahr alt, macht das jetzt, mit erheblichem Zeit- und noch mehr Geldaufwand.

Ich habe so ein Gerät ausprobiert. Beim Gehörstest bin ich durchgefallen: noch 5000 Hertz waren okay, nachher ging’s steil bergab in der Kurve. MIT dem Gerät höre ich eigentlich noch besser, es scheint alles schärfer, aber die Vögel höre ich noch ganz exakt auch ohne. Die kleine Verbesserung scheint mr unglaublich teuer. Wenn ich denke, was ich für 6000 Franken sonst bekomme – vom Computer bis zur Top-Uhr – muss ich gestehen, dass ich die Probegeräte gerne zurückgebe. Ich versuch’s dann mal in der Apotheke.

Von den Rentnern kann ich aus meiner Vorrentnerzeit nur erzählen, dass ich von diversen Angebogen für Rentner – Kaffeefahrten Kreuzfahrten, Rentenversicherungen, Enkeltricks etc. nur gerade die Kaffeefahrt gemacht habe. Gratis-Fahrt, gratis Kaffee, Torte, Kuchen und wunderbare Unterhaltung mit einem brillanten Redner, der mit seiner Überredungsgabe manchen von uns erbleichen liess. Von der Rheumadecke über die Magnetdecke für 2000 Franken, welche die Blutplättchen nicht verklumpen lässt (!) von der Induktionskochplatte samt Pfannenset bis zum Fussmassagegerät mit Heizung wird alles angeboten. Und oh Wunder: bei jedem Artikel meldet sich jemand, der genau dieses Stück nie mehr weggeben würde ...

Und noch besser: fast alle- ausser mir – bestellen mehrere Artikel. Gerade jetzt höre ich eine Aufnahme des Kassensturzes über Hörgeräte (Neuroth); reine Abzockerei. Wie bitte?

 


André Bernard,
3.5.2018, 117. Jahrgang, Nr. 123.

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