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«Wandzeitung» vom 17.2.2018:

Wir streiten um ein paar Parkplätze:

Ein Buch, das zum Nachdenken anregt.

Ältere Menschen wünschen sich zu Weihnachten oftmals „etwas Süsses“ oder ein Buch – sie haben ja schon alles, was es sonst noch zu kaufen gibt. Ich habe mich als Geschenk für das Buch „Was auf dem Spiel steht“ von Philipp Blom entschieden. Es wurde in Rezensionen gewürdigt als Buch, welches aufrüttle, oder es hiess „Selten sind so traurige Wahrheiten so heiter und so trübe Aussichten so glasklar vorgestellt worden“.

So begann ich im Buch zu lesen – es gelang nur häppchenweise – und benötigte dafür mehr Zeit als gedacht. Ich hoffte, beim Lesen nicht nur mit Schreckensszenarien konfrontiert zu werden. Irgendwann müssten Lösungsvorschläge von Blom einen Ausweg aufzeigen, so meine Erwartung.

Die Hoffnung wurde nur teilweise erfüllt. Blom malt eine schreckliche Zukunft. „Millionenfache Migration, Klimawandel, kollabierende Sozialsysteme, Umweltgifte, massenhaftes Artensterben, versagende Antibiotika, Bürgerkrieg“. Er stellt fest: „Unser Modell der Ausbeutung von Ressourcen und Menschen ist ein Modell mit Ablaufdatum, und dieses Datum wurde längst überschritten. Vor einer solchen Zukunft stecken die reichen Gesellschaften des Westens den Kopf in den Sand und hoffen, die Gegenwart möge nie enden“. Seine Meinung zur Arbeitsplatzentwicklung: „Die künftigen Maschinen werden so „klug“, dass sie viele Arbeitsplätze übernehmen können, und die Menschen, die sie bisher innehatten, überflüssig. Diesmal ist es anders – anders als bei allen Rationalisierungsschüben, die zwar Arbeitsplätze vernichteten, aber immer auch neue schufen.“ Und weiter: „Der Abbau der Sozialsysteme und die Privatisierung der Altersvorsorge höhlen den Sozialstaat immer weiter aus, und die soziale Ungleichheit wächst selbst in den reichen Ländern immer weiter.“

Und jetzt – bin ich klüger, motivierter für neue Taten im Sinn des Buchautors? Nach 210 Seiten findet sich der Titel „Eine Art Hoffnung“, ergänzt durch den Spruch von Nelson Mandela „Wenn wir unsere Zukunft gestalten wollen, müssen wir über uns hinauswachsen“. Die letzten 9 Seiten sind der „Hoffnung“ gewidmet, etwas makaber, wenn Blom schreibt: „Auch wenn die Erderwärmung ausser Kontrolle geraten und … uns die Lebensgrundlage entziehen sollte, so würde es nur wenige Jahrhunderttausende dauern, bis sich das Leben wieder erholt … Hefesporen würden sehr wahrscheinlich jede Klimakatstrophe überleben.“ So lange möchte ich nicht warten, denkt der Leser, die Leserin und erkennt Handlungsbedarf. Der letzte Satz in seinem Buch: „Was auf dem Spiel steht? Alles.“

Blom postuliert die politische Beteiligung möglichst vieler Menschen. Er meint: Wir sind in der Lage, miteinander zu reden und nach einer Konsensbildung an einer Änderung unserer Verhaltensweisen zu arbeiten“. Wirklich?

Und wir, in Winterthur, stehen vor Gemeinderats- und Stadtratswahlen. Was bei uns auf dem Spiel steht: Nichts, vielleicht ein Sitz-Gewinn oder -Verlust. Wir streiten um ein paar Parkplätze, der Motorfahrzeugverkehr soll keinesfalls behindert werden … Philipp Bloms realistische Analyse wird nicht zur Kenntnis genommen.

 


Haymo Empl,
17.2.2018, 117. Jahrgang, Nr. 48.

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