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«Wandzeitung» vom 15.5.2018:

Deutschland bewahrt den menschlichen Kontakt mit Russland:

Begegnung auf Augenhöhe.

Dieses Jahr ging die 15. Deutsche Woche in St. Petersburg über die Bühne. Jedes Jahr besucht ein deutsches Bundesland die russische Kulturhauptstadt – mit einem bunten Programm aus knapp 70 Veranstaltungen aus Kultur, Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft. Dieses Jahr war Bayern an der Reihe – bereits zum zweiten Mal.

Zwei Städtepartnerschaften mit Dresden und Hamburg bilden ein starkes Fundament. Letztere Partnerschaft kam 1957 mitten im Kalten Krieg und selbst gegen den Widerstand der Landesregierungen zustande. Diese Woche ist in ganz Russland einzigartig – und beispielhaft. Beispielhaft, weil sie beweist, dass man nicht aufhören soll, miteinander zu reden – erst recht nicht, wenn die politische Situation alles in Frage stellt.

Als Schweizer werde ich jedes Mal neidisch – dieses Jahr besonders, weil fast gleichzeitig zur Deutschen Woche die «Swiss Days» in einem grossen Einkaufszentrum in Petersburg stattfanden und mir der schmerzliche Kontrast zwischen den Beziehungen besonders stark bewusst wurde. Während die Schweizer ein fantasieloses und rein kommerzielles Programm mit Alphornkonzert, Schoggi und Uhren auftischten, boten die Deutschen ein hochkarätiges Programm mit Begegnungen auf allen Ebenen – von Wirtschaftsverbänden über NGOs bis hin zum Schüleraustausch.

Nun werden manche Schweizer einwenden: Deutschland braucht Russlands Rohstoffe und Russland kann nicht ohne deutsche Technologie. Freilich hat Deutschland in Russland einiges zu verlieren. Russische Kraftwerke laufen mit deutscher Turbinen-Technologie. Deutsche Hochgeschwindigkeitszüge verbinden Petersburg, Moskau und Nischni-Nowgorod, und deutsche Autokonzerne haben ihre Fabriken in Russland – VW in Kaluga, Mercedes bei Moskau und BMW bei Kaliningrad.

Und das sind nur die prominentesten Beispiele – zehntausende kleinerer und grösserer deutscher Unternehmen arbeiten in Russland. Darum ist es ganz klar, dass dazu gute Beziehungen zum Gastland notwendig sind. Doch wenn es wirklich nur ums liebe Geld ginge, würde wahrscheinlich eine Schokoladen-Party à la «Swiss Days» genügen.

Wieder andere sagen: «Deutschland hat nach dem Krieg einiges in Russland gut zu machen». Auch das ist ein wichtiges und richtiges Argument. Deutschland fühlt sich moralisch verpflichtet, nach Hitlers Greueln in Russland Gutes zu tun. Doch theoretisch gesehen würden dafür finanzielle Kompensationen und alljährliche Kranzniederlegungen auf Soldatenfriedhöfen genügen.

Die Deutsche Woche ist mehr – sie bringt Menschen näher. Ein schönes Beispiel war dieses Jahr die Begegnung bayerischer und russischer Bauern. In einer Diskussionsveranstaltung begegneten sich junge Bäuerinnen und Bauern aus Bayern, Karelien und Nowosibirsk. Sie sprachen frei über ihre Pläne, Möglichkeiten und Sorgen, über Qualitätslabel, Biogemüse, Milchpreise, Subventionen und Geschlechterrollen. Es gab kein Besser oder Schlechter – in beiden Ländern lässt es sich offenbar in der Landwirtschaft leben, und wie sich herausstellte nicht einmal so schlecht. Eine echte Begegnung auf gleicher Augenhöhe, die Frieden schafft.


Eugen von Arb,
15.5.2018, 117. Jahrgang, Nr. 135.

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