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«Wandzeitung» vom 17.3.2018:

Neues aus Österreich, dem Land der Sozialschmarotzer und Durchschummler:

Auf dem Weg zur «dritten Republik»?

Die Hilfe der FPÖ ermöglichte, an die Spitze der österreichischen Regierung zu gelangen und Bundeskanzler zu werden.

Sebastian Kurz, trotz seiner erst 31 Jahre ein gewiefter, eiskalter Stratege der Macht, der seinen Machiavelli gründlich gelesen hat und trefflich auf der Klaviatur des Rechtspopulismus zu spielen vermag, hatte zuvor nach, wie man später in seinen durch Leaks an die Öffentlichkeit gelangten Plänen lesen konnte, minutiösen Vorbereitungen den alten Vorsitzenden Mitterlehner weggeputscht (Dieser wurde kürzlich für seine damalige Demütigung durch die Bestellung zum Nationalbankpräsidenten entschädigt) und sich von seiner Partei mit einer Machtfülle ausstatten lassen, die noch selten vor ihm ein anderer ÖVP-Parteiobmann besass. Kurz verstand es perfekt, den Eindruck zu erwecken, allein durch die Wahl seiner Person werde sich alles – zum Guten – verändern. Der alte Name ÖVP verschwand von den Wahlplakaten und wurde durch das Antlitz von Kurz und Phrasen wie „Es ist Zeit!“ ersetzt, die Parteifarbe mutierte von Schwarz zu Türkis, der Beginn eines neuen goldenen Zeitalters begann. Am Abend des 15. Oktobers 2017 war es so weit: Der neue politische Messias erfüllte die Heilserwartungen seiner Parteigranden und errang mit 31,5 % eine komfortable relative Mehrheit.

Nach einigen Monaten lichten sich nun die Nebel und es wird offenbar, in welche Richtung Kurz das Land zu verändern gedenkt. Es ist nicht nur mit der FPÖ eine Partei in der Regierung vertreten, die nur geringe Berührungsängste gegenüber dem Rechtsextremismus hat (Böswillige Zungen behaupten sogar, es sässen jetzt Rechtsextreme im Parlament und in den Ministerien...), Kurz selbst vertritt Positionen, die der Feder von Chefideologen seines Koalitionspartners entflossen sein könnten.

Der Umbau des Staates durch Geringschätzung der repräsentativen Demokratie und die Stärkung der plebiszitären Elemente, der Aufbau eines Law-and-Order-Regimes durch die Aufwertung von Polizei und Heer, die Reduktion der staatlichen Sozialpolitik mit Stärkung der Reichen bei vorgeblichem Einsatz für den „kleinen Mann“ und der Zurückdrängung weiter Schichten des Mittelstands an den unteren Rand, die Attacken auf „Sündenböcke“ (Migranten, kritische Künstler, die wenigen noch unabhängigen Medien, „Sozialschmarotzer und Durchschummler“) – all das fand sich doch schon im Programm der „dritten Republik“!

„Der Skandal in unserem System ist: Die Faulen, die Nichtstuer, die Sozialschmarotzer und Tagträumer sind sich der fürsorglichen Hand des Sozialstaates sicher, während der bildungswillige Aufsteiger, für den persönliche Leistung im Vordergrund steht, das Nachsehen hat.“ Dieser Satz könnte von Kanzler Kurz, Landeshauptfrau Mikl-Leitner oder Gemeindebundpräsident Riedl von den Türkisen gesagt worden sein. Er stammt aber von Jörg Haider.


Herbert Danzer,
17.3.2018, 117. Jahrgang, Nr. 76.

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