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«Wandzeitung» vom 26.3.2018:

Die Linke hat die lokalen Wahlen gewonnen:

Das nennt sich Demokratie.

Die Linke hat die lokalen Wahlen gewonnen. Es gibt nun offenbar Stimmen, die nichts weniger als eine rot-grüne Revolution befürchten. Ich kann diese Gemüter beruhigen: Wir werden zwar, wie angekündigt, für bezahlbare Wohnungen, durchgehende Velowege, günstige Krippenplätze oder Solarzellen kämpfen – den Untergang für Winterthur bedeutet das aber nicht.

Doch die Wahlergebnisse waren noch nicht ausgezählt, da drohten schon die ersten unzufriedenen Bürgerlichen damit, Winterthur den Rücken zu kehren. So kündigte der Büro-Schoch-Unternehmer Jan Schoch an, mit seinem Büroeinrichtungshaus Winterthur gen Osten zu verlassen. Mit seinem medienwirksamen Aufruf zog er nicht nur die gleichnamige Papeterie in Mitleidenschaft (die darob alles andere als erfreut war), sondern auch viele erzürnte Stimmen auf sich. Auch ich bin irritiert. Die Zeiten sind zum Glück vorbei, in der nur Reiche politisch mitreden konnten und die Geschicke der Stadt lenkten. Dieses feudale Gebaren mag im Mittelalter oder sogar bis zur Industrialisierung funktioniert haben. Da hatten Männer und Mächtige das Sagen. Und alle andere hatten zu schweigen, zu arbeiten und zu zahlen. Doch es gibt zum Glück so etwas wie Fortschritt.

Seit geraumer Zeit entscheidet nicht mehr die Standeszugehörigkeit darüber, ob jemand eine Stimme hat oder nicht. Es gilt „one (wo)man, one vote“. Das nennt sich schlicht und einfach Demokratie (das fehlende Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer ist eine Schande und ein Thema für sich). Die demokratische, gleichberechtigte Mitsprache passt ganz offensichtlich nicht allen.

Selbstverständlich ist es Herrn Schoch unbenommen, mit einem Wegzug auf einen demokratischen Entscheid zu reagieren. Sein Jammern macht jedoch deutlich, was sich bereits bei der Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III vor einem Jahr gezeigt hat: Die Menschen haben es satt, sich von Mächtigen erpressen zu lassen. Immer wieder wird die Geschichte erzählt, dass es uns am besten geht, wenn wir brav sind zu den Grosskonzernen und Reichen. Dann würden sie kommen, ein bisschen Steuern zahlen und Jobs schaffen. Die Stimmberechtigten haben erkannt, dass diese Geiselhaft gefährlich und langfristig eine Sackgasse ist – zumal es ja eigentlich die Menschen sind, die den Gewinn der Konzerne erarbeiten.

Auch aus diesem Grund ist die Steuerreform an der Urne gescheitert. Viel zu lange wurden Konzerne und Reiche mit Steuerprivilegien in die Schweiz gelockt. Es ist höchste Zeit, sich von diesen in Verruf geratenen Steuertricks loszusagen. Ich hoffe, wir machen bei der Diskussion um die Steuervorlage 17 – sozusagen die Neuauflage der gescheiterten Unternehmenssteuerreform III – nicht den Fehler, neue Steuertricks zu schaffen, die uns wieder erpressbar machen. Wir haben es in der Hand.

Und nun zurück zu Herrn Schoch: Ich wünsche viel Erfolg mit der Suche nach neuen Lokalitäten – und mit der Suche nach neuer Kundschaft draussen in der Region.


Mattea Meyer,
26.3.2018, 117. Jahrgang, Nr. 85.

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