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«Wandzeitung» vom 14.6.2018:

Mit Fussball verbinde ich nur einige Erinnerungen, als Kind im Hardtrum-Stadion:

WM Toleranz.

Mit Fussball verbinde ich nur einige Erinnerungen, als Kind im Hardtrum-Stadion, das hüpfende Tram und natürlich auch gute Stimmung, sofern das richtige Team gewonnen hatte. Doch ein richtiger Fussballfan wurde aus mir nie und so lässt mich auch die Fussballweltmeisterschaft eher kalt.

Spannend finde ich hingegen die, im weitesten Sinne soziologische, Komponente des Massenevents. War früher für den deutschsprachigen Raum bereits „Wetten, dass..?“ ein solcher Event, an dem sich die Familie vor dem Fernseher versammelte und sich im Nachgang das ganze Dorf, von Horrenbach bis Jenaz, über die tollkühnen Wetten unterhielt, schwinden diese Phänomene zu Gunsten der Individualisierung dahin. Das lineare Fernsehen als Ereignis hat an Bedeutung verloren, mit Netflix, Mediatheken und zeitversetztem Fernsehen gehen zwar nicht die Inhalte verloren, doch das Fernsehen als Event. Eine Ausnahme dieser Entwicklung zeigt sich bei Sportanlässen, im Stadion ohnehin ein Anlass für sich, doch bei überregionaler Bedeutung auch im Live-TV als Massenevent erkenn- und vermarktbar.

Insbesondere die Fussball WM bleibt, aller politischer oder finanzieller Skandale zum Trotz, einer dieser Massenevents. Auf die kommunale Ebene in der Stadt Winterthur herunter gebrochen, zeigt sich dies exemplarisch an der steigenden Toleranz der Behörden gegenüber der Durchsetzung von gewissen Gesetzgebungen. So heisst es im Artikel 29 der Verkehrsregelnverordnung, gestützt auf Artikel 40 des SVG unmissverständlich: „Nach Eintritt der Dunkelheit dürfen nur Lichtsignale gegeben werden. Akustische Warnsignale sind nur in Notfällen zulässig.“ Nicht während der WM und das finde ich auch begrüssenswert.

Gartenwirtschaften, welche von Gesetzes wegen um 00:00 Uhr, spätestens 01:00 Uhr, geräumt sein müssen, bleiben länger belebet, die Polizei hält sich zurück, auch das, völlig zu recht. Ich wurde vor kurzem Zeuge, wie die Stadtpolizei bei einer Lokalität an der Technikumstrasse das Gesetz um 01:02 Uhr konsequent durchsetzte, was mit der Räumung der Gartenwirtschaft einherging, obwohl alle mit Plastikbechern ausgestattet waren und mit begrenzter Lärmemission friedlich zusammensassen. Während der WM, oder wenn die Schweiz ein Spiel X gewonnen hätte, wäre dies nicht passiert.

Auch die Toleranz der Bevölkerung steigt, so ist es völlig legitim, bereits nachmittags mit Dosenbier durch die Gassen zu wanken und Lieder zu singen, die mürrischsten Zeitgenossen werden lediglich erwidern: „Es ist halt WM.“

Diese Toleranz, fernab von Gesetzen, Dezibel-Messgeräten oder Strafanzeigen, wünschte ich mir auch ohne WM. Sind es in der Schweiz doch ohnehin nur wenige Nächte, welche spät in der Nacht noch zum draussen verweilen einladen, wäre es zu begrüssen, wenn man diese dann auch draussen verbringen dürfte, auch in einer Gartenwirtschaft.


Roman Kurtz,
14.6.2018, 117. Jahrgang, Nr. 165.

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