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«Wandzeitung» vom 23.10.2014:

... ist des frankens nicht wert

kassenstürzereien.

der kassensturz ist eine gute sendung. immer wieder deckt er machenschaften auf, wie sich einer auf unsaubere art und auf kosten der dummen eine goldene nase verdienen will. so weit, so gut.

was mich an der sendung stört, sind die rappenspaltereien. da werden die preise im migros und im coop verglichen und der aldi hat da und dort noch tiefere. den zuschauern wird suggeriert, sie müssten zwanzig kilometer weit fahren, um den salat dreißig rappen günstiger zu kaufen. es versteht sich doch, dass jede ware günstiger anzubieten ist, je mehr davon die ladenkette aufs mal einkaufen kann. es versteht sich also, dass der dorfladen für den einzelnen artikel mehr haben muss als das einkaufszentrum.

die meisten von uns sind zwar bereit, hunderte und tausende von franken für versicherungen und altersvorsorge auszugeben. aber die paar fränkli wollen wir einsparen, die wir täglich dafür aufwenden könnten, dass in unserer fußgängerdistanz ein laden seine existenz behält und uns auch im alter, wenn uns der fahrausweis einmal aberkannt ist, noch zur verfügung steht.

der kassensturz hat noch nie, meines wissens, die freuden des einkaufs im dorfladen aufzuzeigen versucht. grüezi herr vogel, sagt die verkäuferin, wenn ich hereinkomme. aha, da bin ich wer. dort steht beim gemüse die frau sturzenegger, sie ist wieder auf den beinen. wie geht’s ihnen? und sie klagt mir, wie schwer es ihr falle, jetzt mit einem rollator daherzukommen, und schätzt mein mitgefühl. aber sie kommen doch, sage ich.

wir alle werden in diesem laden freundlich und persönlich beraten und bedient. mein wunsch, dass auch bio-zitronen geführt werden, weil wir die schale raffeln wollen, wird gehört und berücksichtigt, und dass eben nun keine vegi-plätzli mehr vorhanden sind, weil sie einfach nicht genügend gegangen sind, dafür kann ich verständnis aufbringen. aber würden sie mir auf den nächsten samstag ein lamm-gigot, wenn möglich ein hiesiges, besorgen?

ich denke mir die zeit aus, als das wasser noch am dorfbrunnen geholt werden musste. welch ein komfort, dass wir es direkt in die küche geliefert bekommen, in bester qualität, tag und nacht. und welch eine einbuße an menschlichen kontakten, seit wir dafür nicht mehr aus der haustüre zu gehen brauchen.

mein täglicher einkauf dauert zehn oder zwanzig minuten, je nach den gesprächen, die sich ergeben oder auch nicht. das gekaufte hat platz in einem korb, und ich muss nur kaufen, was wir sogleich brauchen. andere kaufen für eine woche ein, brauchen dafür ein auto. sie fahren über die grenze und schauen nicht auf die benzinuhr, während sie am ausrechnen sind, was sie an der ladenkasse gespart haben, und sie sind in der kommenden woche reichlich damit beschäftigt, der verderbnis der zu viel gekauften ware entgegenzuwirken.


alfred vogel,
23.10.2014, 113. Jahrgang, Nr. 140.

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