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«Wandzeitung» vom 15.8.2014:

Hundert Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs bomben die Zauberlehrlinge wieder:

Friedensnobelpreisträger führt Krieg.

Während vieler Jahre hat sich das Gefühl zur Überzeugung gefestigt, dass sich die Menschheit zivilisiert, den Verstand über Emotionen stellt und erkennt, dass Bomben – aber noch gar nie Probleme lösten. Dennoch wird derzeit im Gazastreifen, in Israel, in Syrien, in der Ukraine mit Waffengewalt agiert. Und ausgerechnet der ehemalige Hoffnungsträger und Friedensnobelpreisträger Barak Obama setzt im Norden Iraks Sprengkörper ein und zündelt erst noch mit seiner befremdenen Polemik: Russland, das grösste Land der Welt, sei eine «Mittelmacht». Der amerikanische Präsident verhängt gemeinsam mit der EU Wirtschaftssanktionen gegen Russland, weil Putin angeblich die autonomen prorussischen Separatisten mit Waffen versorgen soll.

Die vorgängig wenig auffälligen EU-Avancen gegenüber der Ukraine indes sind eine schamlose Beleidigung für den russischen Präsidenten, genauso wie die nun verminderten diplomatischen Beziehungen der EU zu Russland und die Verhandlung über ein Partnerschaftsabkommen und Visa-Erleichterungen. Hohen Militärs und Politikern wird die Einreise in die EU verwehrt, deren Auslandkonten gesperrt. Damit will der Westen Druck auf den Kreml ausüben und die russischen Eliten von der Regierung spalten. Ein destruktiver Akt mehr. Die Ostwirtschaft ist arg getroffen, Banken und Energiekonzerne von den Kapitalmärkten getrennt. Jetzt fehlen die Devisen für die Bedienung der Auslandschulden. Und es sollen bereits 160 Milliarden Dollar aus der Russischen Föderation abgezogen worden sein. Diese Vergeltungsmassnahmen treffen den Präsidenten und das Land. Nur: Die Russen kennen Krisen aus dem Effeff, und sie nehmen deshalb die aktuellen Pressionen als wohlvertrauten Vorgang wahr.

Die Schweiz spielt – mit unserem Bundespräsidenten und OECD-Chef Didier Burkhalter – die Rolle des einzigen wahrnehmbaren Vermittlers während der absolut sinnlosen Kriege. Das ist genau die richtige und hoffnungsstiftende Aufgabe unseres Landes in der Welt, dass ein demokratisch gewählter Repräsentant als empathischer Menschenversteher und kluger Diplomat, die Türen zu allen eklatbelasteten Ländern offen hält und mit emotionaler Intelligenz Gespräche auf Augenhöhe für die Koexistenz plädiert. Dies funktioniert indes nur, wenn unsere Landesregierung nicht auf Druck von Aussen reagiert. Denn die mächtige EU unterstellt unserer kleinen Schweiz, sie verschaffe sich durch ihre neutrale Haltung und aktive Diplomatie einen wirtschaftlichen Vorteil und nehme derzeit eine für sie unpassende Stellung ein. Dass uns unsere guten Dienste schaden könnten, das zeigt die Welt in Schieflage.

Während sich die unbedarften Zauberlehrlinge in vielen Ländern der Waffen behändigen und diese auch gegen Menschen richten, in deren Umfeld sich grad mal der Meister wegbegeben hat, ist unser Didier Burkhalter der präsente Meister der Verhandlungskunst.

Das schätzt der clevere Putin, der genau in dieser Krisenstimmung ein russisch-amerikanisches Milliardenprojekt lanciert: Eine Öl-Plattform in der Arktis, mit dem Energiegiganten Rosneft und der Firma Exxon. Das ist kein kriegerischer Akt, sondern ein überaus kluger Brückenschlag zum Westen.


Guido Blumer,
15.8.2014, 113. Jahrgang, Nr. 71.

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Standpunkte:

17.8.2014, 12:50 Uhr.

Ruth Huber schrieb:

Wieso hat noch niemand gebloggt, dass er oder sie mit Guidos Gedankengängen – wie ich – einverstanden ist.


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