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«Wandzeitung» vom 13.11.2014:

Wie kann man bloss mit dem Konterfei von Massenmördern werben?

Hat die Schweiz ein Hitler-Problem?

Die Geschichte ist zwar nicht mehr ganz neu, aber nachhallend. Und sie basiert auf einer unheimlich albernen Idee: Braven Sammelnden von Kaffeerahmdeckeli sollen Porträts von zwei abscheulichen Typen verkauft werden: Einerseits jenes des längst verblichenen deutschen Despoten mit österreichischen Wurzeln und Massenmörders Adolf Hitler und das, des ebenso kalten Menschen Benito Amilcare Andrea Mussolini, von 1922 bis 1943 «Ministerpräsident» des königlichen Italiens. Der Geistesblitz so was zu drucken, kam aus dem bernischen Grosshöchststetten, Grössenwahnstetten!?

Es ist schlimm genug, dass es «nur» die Migros-Tochter Mifroma war, die diesen Lapsus über den ebendort ansässigen Karo-Versand verbreitete. Für dieses eine Mal war die Migros ein M schlechter. Doch ihre Sprechenden reagierten blitzschnell wie blitzgescheit, sprachen selbstkritisch von einer «unverzeihlichen Fehlleistung des Milchverarbeitungsbetriebes Elsa», entschuldigten sich in aller Form und wollen deren Produkte fürderhin nicht mehr einkaufen. Die Abbildungen dieser zwei Schauergestalten hätten niemals verbreitet werden dürfen, sagte Migros-Sprecher Luzi Weber zur kommunikativen Katastrophe, welche die Pendlerzeitung «20 Minuten» am 22. Oktober publik machte.

Frauen wie Mannen glauben es nicht: Beim verantwortlichen Karo-Versand zeigte der Geschäftsführer keine Einsicht. Er verstand nicht, weshalb es zum Medienrummel gekommen war. Die Sujets seien zwei von vielen in der Geschichtsreihe Cigar Brands für Sammelnde, betonte er auf Anfrage gegenüber dem Newsnet des «Tagesanzeigers». Klar sei es schlimm, was unter Hitler geschah, betonte der überaus Uneinsichtige, aber das sei halt ein Teil der Geschichte, der nicht ignoriert werden könne! «Auch heute geschehen schlimme Sachen – in Syrien werden Menschen geköpft!» Für den Gewerbler macht es offenbar keinen Unterschied, ob Hitler in einem schaurigen Dokfilm gezeigt wird oder auf seinen Kaffeerahmdeckeli – womöglich zur Freude von Kaufenden? Die von den Karo-Leuten ausgesuchten Motive, waren der M notabene nicht bekannt. Das ist eine überaus schwieriger Vorfall für die Migros, die im Übrigen mit der bemerkenswerten Geschäftsidee Ethik gute Geschäfte macht: Holz aus schonender Nutzung, Rosen aus fairem Handel, Textilien ohne Kinderarbeit sprechen für sie: 1999 hat der orange Riese bereits 1,7 Milliarden Franken mit umwelt- und sozialverträglichen Produkten umgesetzt. Respekt! Das grosse M aber will auch konsequent bei dem Textillabel Eco, dem Florissimo-Label für Schnittblumen und dem FSC-Label für Holzprodukte ihre Position weiter ausbauen. Umweltschutz ist also für die Migros eine Marktchance wie auch eine Daueraufgabe, wie über ihre Internet-Seite: www.miosphere.ch kommuniziert wird. Klar ist die Migros-Spitze aus Schaden klug geworden: In Zukunft wird sie ihre Kontrollen für die Ökoprodukte drastisch verschärfen.

Die eigens an Gastrobetriebe verkauften 300 Schachteln à 200 Kaffeerahm-Portionen mit den Porträts der üblen Diktatoren verunstalten jede Packung viermal. Das sind für mich – und alle Schweizerinnen und Schweizer? – zu viel Hitler-Fratzen und Mussolini-Schnauzen.


Guido Blumer,
13.11.2014, 113. Jahrgang, Nr. 161.

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Standpunkte:

15.11.2014, 11:22 Uhr.

Pierre-François Bocion schrieb:

Warum wird Grosshöchststetten zu Grössenwahnstetten verhunzt und lächerlich gemacht? Was hat die ganze Gemeinde mit dem Fehlverhalten einer kleinen Firma zu tun, die dumme, geschmacklose Deckeli mit zwei Verbrecher-Konterfeis druckt. Die Verantwortung trägt der Auftraggeber eine Genossenschaft also deren Besitzer, die GenossenschafterInnen in der ganzen Schweiz.


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